Strategisch interessante ECM-Akquisitionen 2021
Von spektakulären Übernahmen kann man in diesem Jahr im Umfeld von Enterprise Content Management (ECM) und Content Services Plattformen (CSP) nicht sprechen. Doch in Summe waren es ein paar interessante Deals, die Aufschluss über die Strategie der Anbieter und die Entwicklung des Marktes geben.
Im Januar übernahm die deutsche SER Group den Schweizer Input- und Content- Management-Anbieter Interact Digital , der ein Jahr zuvor aus der Fusion zwischen Interact Consulting AG und Uptime Services AG hervorging. Während Interact »arts Content« zur organisationsübergreifenden Archivierung und Dokumentenverwaltung bietet, hält SER die Plattform »Doxis4« bereit. Zudem verfügt Interact mit der Lösung »arts Input« über ein eigen entwickeltes Input Management System. Neben dem Ausbau des Gesundheitsbereichs, in dem Interact sehr aktiv ist, sieht SER die Übernahme als wichtigen Schritt die internationale Reichweite zu erhöhen.
Zwar keine Übernahme aber doch eine weitreichende unternehmerische Entscheidung war der im Januar bekannt gewordene Schritt von Panasonic, das Scanner-Geschäft einzustellen. Dies geschieht im Zuge der Schließung der Business-Communications-Sparte, die neben Scannern auch TK-Anlagen und SIP-Telefone beinhaltet. Als Grund für den Ausstieg ist unter anderem ein rückläufiger Markt zu sehen, der durch die Corona-Krise zwar etwas belebt wird, aber nach Ansicht des japanischen Herstellers langfristig nicht wachstumsträchtig ist. Zudem nimmt Panasonic darin auch keine marktbeherrschende Stellung ein. Noch stärker wiegt, dass der Konzern insgesamt die Strategie verfolgt, seinen Fokus auf den Industrie- und Automobilsektor zu verlagern und sich aus anderen Bereichen wie Business-Communications aber auch der Unterhaltungselektronik zurückzuziehen.
Im Februar übernahm im Bereich von Enterprise-Service-Management-Lösungen Ivanti seinen Konkurrenten Cherwell Software – beides große Namen in diesem eher kleineren Segment. Laut Ivanti erfolgte die Übernahme, um die Reichweite der »Neurons-Plattform« zu erweitern, die ein durchgängiges Service- und Asset-Management von der IT bis in die Fachabteilungen und von jedem Endgerät bis zum IoT-Edge anstrebt. Ivanti versprach, weiterhin sowohl die Cherwell- als auch die Ivanti-Service-Management-Plattformen zu pflegen und in sie zu investieren. Gleichzeitig sollte daran gearbeitet werden, die besten Aspekte der beiden Plattformen zusammenzuführen.
Hyland erwirbt weitere Plattformlösung
Auch in diesem Jahr hat Hyland die Akquisition zusätzlicher ECM-Anbieter fortgeführt und sich somit eine weitere ähnliche Plattform wie bereits vorhanden ins Haus geholt. Mit Nuxeo erwarb der US-Anbieter ein Unternehmen mit Hauptsitz in Paris und zwei US-Standorten, das etwa 35 Mitarbeitende beschäftigt. Es besitzt eine cloud-native, Open-Source- und Low-Code-Plattform, die unter anderem Content-Services und Digital Asset Management (DAM) ermöglicht. Laut Gartner bietet die Architektur von Nuxeo Skalierbarkeit bei der Speicherung und Verarbeitung von Inhalten, um Organisationen mit Milliarden von Dokumenten zu unterstützen. Nach der Akquisition von Alfresco im Oktober 2020 ist Nuxeo schon das zweite von Hyland erworbene Unternehmen das eine Open-Source-basierte ECM-Lösung hat.
Im Umfeld von Web Content Management gab es ebenfalls Veränderungen: Im März verkaufte IT-Dienstleister adesso sein Tochterunternehmen e-Spirit an das US-Unternehmen Crownpeak Technology. Sowohl E-Spirit als auch Crownpeak Technology bieten Digital Experience Plattformen (DXPs), die im entsprechenden »Magic Quadrant« von Gartner im Viertel der Nischenplayer aufgeführt sind. Laut Adesso verfolgt Crownpeak Technology das Ziel, das Potenzial der E-Spirit und deren Mitarbeitenden sowie das Kernprodukt »FirstSpirit« selbst auf dem internationalen Markt thematisch passgenau weiterzuentwickeln. Crownpeak Technology wiederum erhält Marktzugang in der EMEA-Region, der helfen kann, die laut Gartner schwache Partner-Landschaft auszubauen.
M-Files kauft Portalanbieter für direkten Anwenderkontakt
Mit einem die Produktstrategie und die Kundenansprache betreffenden Ziel übernahm M-Files im April Hubshare, dessen Lösungen einen flexiblen Digital Workspace und kundenspezifische Portale bieten. Die Lösungen ermöglichen die digitale Zusammenarbeit, sicheres File-Sharing sowie Projektmanagement und können auf individuelle Anforderungen zugeschnitten sein. In der Rechtsberatung bedeutet dies beispielsweise, dass einzelne Mandantinnen und Mandanten nur ihre jeweiligen Fälle und Dokumente sehen, sie aber auch mit übergreifenden Informationen versorgt werden können. Ein aus M-Files und Hubshare integriertes Angebot soll M-Files vom Backoffice in die direkte Kundenbetreuung bringen. M-Files verspricht sich davon, dass ihre Kunden so die Möglichkeit erhalten, ihre Nutzerinnen und Nutzer mit aktuellen Informationen zu versorgen und sie effizient in Prozesse einzubinden.
Nachdem zwischen dem Beratungs- und IT-Unternehmen msg und dem Karlsruher Hightech-Start-up Neohelden ein Jahr eine Partnerschaft bestanden hat, kam es im Sommer zur Übernahme: Neohelden, das den digitalen KI-basierten Assistenten »Neo« entwickelt hat, ist seit dem 1. Juli 2021 Teil von msg. Durch die Akquise bietet msg den Kunden künftig IT-Beratung und eine Lösung für digitale Assistenzsysteme, Chat- und Voicebots aus einer Hand an.
Foxit stärkt sich mit E-Signatur
Im Oktober hat der Anbieter für PDF-Produkte und –Dienstleistungen Foxit den US-Hersteller für elektronische Signaturlösungen eSign Genie übernommen. Wie unter anderem »Adobe Sign« oder »DocuSign« unterstützt die Software von Esign Genie Anwender beim elektronischen Signieren von Dokumenten mit rechtsverbindlichen digitalen Signaturen. E-Signaturen haben gerade im Zuge der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Wenn persönliche Treffen auch im Business-Bereich vermieden werden, sind digitale Signaturen effizienter als per Post händische unterschriebene Dokumente weiterzuleiten. E-Signaturen zählen laut einer Umfrage des Bitkom auch zu den Projekten, die auch nach Abklingen der Corona-Pandemie ausgebaut werden sollen.
Sozusagen eine deutsch-deutsche Übernahme gab es ebenfalls im Oktober mit dem Kauf der bc-competence gmbh aus dem schwäbischen Renningen durch die Freiburger iXenso AG. Damit stärkt Ixenso seine Position als wichtiger Implementierungspartner für OpenText und SAP in Europa. Mit der Transaktion verfügen die Freiburger nun über nahezu 100 erfahrene Fachkräfte mit Expertenwissen für die Integration von Opentext und SAP sowie über Niederlassungen in Renningen, München, Hannover sowie in Turin/Italien. Außerdem können sie künftig ein deutlich breiteres Leistungsportfolio anbieten und den Service auf einen 24×7-Support ausbauen.
Im November hat auch noch mal der Branchenriese OpenText zugeschlagen. Dieser ist durch einige Zukäufe von Unternehmen aus dem Security-Umfeld wie Carbonite und Guidance Software inzwischen selbst schon als IT-Sicherheitsanbieter zu sehen. Es verwundert nicht, dass auch diesmal ein Kauf in jenem Umfeld erfolgte. Mit Zix Corporation erwirbt Opentext einen Anbieter von SaaS-basierten Cloud-Lösungen für E-Mail-Verschlüsselung, Schutz vor Bedrohungen und Compliance für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs). Opentext plant die Produkte von Carbonite, Webroot und Zix zu integrieren, um eine leistungsstarke SMB-Plattform für Datenschutz, Bedrohungsmanagement, E-Mail-Sicherheit und Compliance-Lösungen zu schaffen. Außerdem soll Zix die Technologie- und Markteinführungsbeziehungen mit Microsoft vertiefen. Darüber hinaus liefere Zix etwa 5.600 Partnerunternehmen, mit denen sich nach Ansicht der Opentext-Führung bedeutende Cross-Selling-Möglichkeiten in den Clouds von Opentext und Zix schaffen lassen.