ECM-ERP-Interview mit Bernd Hennicke, Opentext

Welche Schnittstellen und Möglichkeiten gibt es für die Integration von ECM- und ERP-Systemen und wie gut sind diese?

Bernd Hennicke, VP Product Marketing, Opentext, sieht in der Synchronisierung von Daten und Dokumenten ein Muss für jedes Unternehmen (Bild: Opentext)

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Bernd Hennicke, VP Product Marketing, Opentext, sieht in der Synchronisierung von Daten und Dokumenten ein Muss für jedes Unternehmen (Bild: Opentext)

Hennicke: »OpenText Extended ECM Solutions« bietet produktspezifische, standardisierte Integrationen mit den gängigsten ERPs des Marktes, wie zum Beispiel »SAP S/4HANA«. Mit dieser soliden Integration erweitert Extended ECM das transaktionale Prozessmanagement von SAP S/4Hana um umfassende Enterprise Content Management (ECM)-Funktionen, einschließlich Dokumenten- und Records Management und Collaboration. Die Anwender können Dokumente als Datensätze direkt aus ihren Geschäftsanwendungen heraus verwalten. Durch die Einbettung von ECM-Funktionen direkt in eine vertraute ERP-Benutzeroberfläche vereinfacht Opentext Extended ECM komplexe Aufgaben und macht Prozesse transparent. Mit Opentext Extended ECM können Unternehmen die beiden Welten von ERP und ECM in einer einzigen Lösung vereinen. Dadurch reduzieren sie nicht nur die Risiken und Kosten von falschem Records Management, sondern erhöhen gleichzeitig die Produktivität von Mitarbeitern und verbessern die Compliance.

Für welche Anwendungen ist eine Integration von ECM und ERP sinnvoll?

Hennicke: Es gibt keine Geschäftsanwendung, für die eine Integration von Daten und Dokumenten nicht sinnvoll wäre. Nahezu jeder Geschäftsprozess, ob in der Lieferkette, im PLM, im CRM, in der Logistik, im Finanzwesen oder im Personalwesen, ist auf Daten und Informationen angewiesen. Dokumente sind oft der Auslöser für den Start eines ERP-Geschäftsprozesses oder liefern unterstützende Informationen für den Abschluss des Prozesses. Schließlich werden Dokumente oft auch während oder am Ende eines Geschäftsprozesses erzeugt. Es liegt auf der Hand, dass die Synchronisierung von Daten und Dokumenten ein Muss für jedes Unternehmen ist: Die Bereitstellung von Informationen für relevante Nutzer zur richtigen Zeit in der entsprechenden Geschäftsanwendung oder auf dem Gerät seiner Wahl ist entscheidend, um effiziente Prozesse zu gewährleisten.

Wann macht welche Integrationstiefe für den Anwender Sinn?

Hennicke: OpenText zielt darauf ab, den Nutzern ein nahtloses Benutzererlebnis direkt in der Benutzeroberfläche von ERP- und ECM-Anwendungen zu bieten. Die Opentext-Integrationsebene bietet Anwendern einen vollständigen Überblick über die Objekte, die Geschäftsprozesse strukturieren (Business Objects). Dazu zählen auch Daten und Dokumente zu zum Beispiel Kunden, Lieferanten, Immobilienobjekte, Anlagen, Produkte, etc., und der Zugriff bleibt unabhängig davon, ob die User auf die Informationen über die Business-Applikation oder über die erweiterte ECM (Web)-UI zugreifen. Auf diese Weise können die Benutzer Geschäftsinformationen gemeinsam nutzen oder darauf zugreifen. So wird sichergestellt, dass alle immer auf die neuesten Informationen zugreifen und nicht mit Dokumenten überschüttet werden, die für sie nicht relevant sind.

Lassen sich die gängigen ERP-und ECM-Systeme gleich gut integrieren?

Hennicke: Opentext Extended ECM Solutions bietet fertige Integrationen in »SAP ECC«, SAP S/4Hana – on-prem oder in der Cloud, »Oracle Business Suite«, CRMs wie »SAP Cloud for Sales« oder »Cloud for Service«, »Salesforce« sowie »Microsoft Dynamics«. Darüber hinaus ergänzt Extended ECM »SAP SuccessFactors« durch Standardintegration und Vorkonfiguration und sorgt für schlanke, effiziente und sichere HR-Prozesse. Für alle anderen Geschäftsanwendungen, für die Opentext keine produktspezifischen Integrationen in Extended ECM anbietet, stellt die Lösung eine große Anzahl von REST APIs zur Verfügung, die es Partnern und Kunden ermöglichen, starke Integrationen aufzubauen. Einige Beispiele sind »Service Now«, »Workday« oder »Ariba«.

Wovon hängt eine gute Integration ab?

Hennicke: Gute Integrationen beginnen im ersten Schritt mit einer starken Partnerschaft, wie sie zwischen Opentext und SAP besteht – so können sich der ERP-Anbieter und der ECM-Anbieter hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Kunden-Anforderungen und Geschäftsziele abstimmen. Zweitens hängt die Integration von der Qualität des Engineerings ab. Eine echte Integration muss von beiden Parteien als Kernfunktion der ECM- und ERP-Lösung entwickelt, unterstützt und gewartet werden. Denn dabei handelt es sich nicht um einfache Erweiterungen, die nicht gewartet werden müssten – insbesondere in der Cloud und bei schnellen Release-Zyklen und Upgrades. Schließlich muss die Integration selbst flexibel genug sein, um die spezifischen Anforderungen des Kunden zu erfüllen, entweder durch Konfiguration oder durch unterstützte API-Erweiterung und UI-Integration.

Wie gut funktioniert die ECM-ERP-Integration in der Cloud? Wie tief kann eine Integration gehen, wenn der Kunde eine Multi-Tenant-Infrastruktur in einer Public Cloud wünscht?

Hennicke: Wie bereits erwähnt, bietet Opentext Extended ECM Standardintegrationen in SAPs Cloud-ERP (S/4Hana Cloud), Cloud-CRMs wie Cloud for Sales und Cloud for Service sowie in Salesforce, MS Dynamics und Cloud-HR-Anwendungen wie SAP Success Factors. Die Lösung selbst ist eine Private-Cloud-Lösung, die von OpenText in seiner eigenen Cloud-Infrastruktur und auf Hyperscalern verwaltet wird. Es gibt keinen Unterschied in der Leistungsfähigkeit oder Erweiterbarkeit bei einem Cloud-to-Cloud- oder Cloud-to-Off-Cloud-Modell.

Wie sieht Ihre ECM-ERP-Integrationsstrategie aus?

Hennicke: Opentext deckt Standardintegrationen mit den gängigen ERP- (oder Geschäfts-) Applikationen auf dem Markt ab. Partner und Kunden können jedoch die breite Palette der mitgelieferten APIs nutzen, um ihre eigenen Integrationen in jede andere Geschäftsanwendung vorzunehmen, die noch nicht von Opentext entwickelt wurde.

Findet eine Integration zwischen ECM und ERP statt, bedeutet das für die Anwender unter Umständen höhere Lizenzkosten, da beide Systeme von mehr Anwendern benutzt werden. Lassen sich die Lizenzmehrkosten minimieren?

Hennicke: In den meisten Fällen gibt es eine Reihe von Nutzern, die sowohl ERP als auch ECM verwenden und über beide Anwendungen Zugang zu Informationen und Daten benötigen. Mitarbeiter, die nur eine der beiden Anwendungen nutzen und nicht auf die Funktionen der anderen Anwendung zugreifen (zum Beispiel alleinige ECM-Benutzer oder alleinige ERP-Benutzer), benötigen keine ECM- oder ERP-Lizenzen.

Wann sollte das ECM- und wann das ERP-System die führende Rolle übernehmen?

Hennicke: Wir glauben, dass das ERP in den meisten Fällen die führende Anwendung ist. Denn der Wert von ECM liegt in der Bereitstellung von Informationen im Kontext eines Geschäftsprozesses im ERP, wie der Anlagenwartung oder Anlagenverwaltung. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine einseitige Integration – Informationen aus dem ERP stehen den Benutzern innerhalb des ECM zur Verfügung, so dass ein ECM-Benutzer – der möglicherweise nicht an einem ERP-Prozess beteiligt ist – dennoch die für seine Arbeit erforderlichen Informationen einsehen kann. Es gibt aber auch Anforderungen, bei denen das ECM die führende Anwendung ist, zum Beispiel bei der Unterstützung der Kollaboration mit Tools wie Microsoft Office 365. Mit einer erweiterbaren ECM-Anwendung ist es möglich, die wichtigsten Anwendungen eines Unternehmens auf der Informationsebene zu integrieren. In jedem Unternehmen gibt es Prozesse (Megaprozesse), die außerhalb des ERP mit einem Kundenauftrag beginnen können, der im CRM, im ERP und in den Subsystemen der Fertigung verfügbar sein muss. Während die ERP- und ECM-Integration also eine Schlüsselfunktion und -anforderung darstellt, ist es letztlich die Fähigkeit zur unternehmensweiten Informationsintegration, die intelligente Informationen ausmacht.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.