Forrester legt neue Analyse des ECM-Marktes vor

Im Marktüberblick »The Forrester Wave: Content Platforms« werden 2021, Microsoft, Open Text Hyland und Box als führend eingestuft. (Grafik: Forrester)

Im Marktüberblick »The Forrester Wave: Content Platforms« werden 2021, Microsoft, Open Text Hyland und Box als führend eingestuft. (Grafik: Forrester)

Die Marktforscher von Forrester haben die aktuelle Ausgabe ihres »Forrester Wave« genannten Marktüberblicks zu ECM-Plattformen vorgelegt. Die Analysten nutzen seit 2018 den Begriff »Content Platforms«, meinen damit aber vor allem ECM-Angebote.  Voraussetzungen, um überhaupt in die Marktübersicht aufgenommen werden zu können, sind unter anderem ein Mindestumsatz von 20 Millionen Dollar mit dem jeweiligen Produkt, die Ausrichtung auf große Unternehmen sowie die Fähigkeit, Anforderungen von Firmen mit mehr als 5.000 Angestellten und weltweit verteilten Niederlassungen zu erfüllen. Außerdem erwartet Forrester, dass der Anbieter sein Produkt selbst aktiv als Content Platform am Markt positioniert und dass er sich auf ein Cloud-first-Modell eingelassen hat – oder zumindest einen Fahrplan dafür hat.

Die Anforderungen haben insgesamt 14 Unternehmen erfüllt. Nach deren Untersuchung stufen die Forrester-Experten Cheryl McKinnon, Srividya Sridharan und Danielle Jessee Microsoft (mit »Microsoft 365«), OpenText (»Open Text Extended ECM 20.4«), Hyland (»Alfresco Digital Business Platform 7.0«) und Box (»Box Digital Business Suite«) als führend ein. SER Group, Newgen Software, IBM, Laserfiche, M-Files, Nuxeo und GRIM Information Management folgen als »strong performer«. Außerdem wurden noch Google (mit »Google Workspace« und »Google Drive«) sowie iManage und NetDocuments in den Bericht aufgenommen.

Microsoft löst Opentext an der Spitze ab

Im Anbieterfeld gab es im Vergleich zum Forrester-Bericht über das Marktsegment vom August 2019 einige interessante Veränderungen. Alfresco Software, damals noch selbst als »Leader« eingestuft und schärfster Verfolger von Hyland, gehört inzwischen zu Hyland. Auf dessen Position hat sich die Übernahme jedoch kaum ausgewirkt. Forrester weist aber darauf hin, dass Hyland mit der Alfresco Digital Business Platform nun besser große Kunden unterstützen kann, die von alten ECM-Anwendungen migrieren oder diese modernisieren wollen.

Einen Wechsel gab es an der Spitze: Dort hat Microsoft nun Opentext abgelöst. Forrester begründet das mit signifikanten Verbesserungen bei den Kollaborations-, Kommunikations- und Compliance-Funktionen von »Microsoft 365«. Außerdem sei Microsoft durch die »Viva« genannte Employee Experience Platform für nicht-technische Entscheider deutlich interessanter geworden.

Verbesserungsbedarf sehen Kunden, die Microsoft 365 als Content Platform nutzen, laut Forrester bei Prozessautomatisierung und transaktionalen Services. Zwar loben die Analysten grundsätzlich die Fortschritte bei AI und Maschinenlernen, aber in der Praxis scheinen die Angebote nicht immer das zu halten, was sie auf dem Papier versprechen. Außerdem überfordert die hohe Innovationsgeschwindigkeit von Microsoft viele Kunden offenbar.

Stärken und Schwächen von Opentext

Auch bei Opentext sieht Forrester bei den versprochenen KI-Funktionen in der Praxis noch Luft nach oben. Außerdem wird kritisiert, dass neue oder zusätzliche Funktionen oft zusätzlich lizensiert werden müssen und Workflows sowie die App-Design-Tools nicht immer erwartungsgemäß funktionieren.

Auszeichnen kann sich Opentext dagegen bei der Bandbreite der verfügbaren Schnittstellen und Integrationsmöglichkeiten sowie der Qualität des technischen Supports. Außerdem beherrscht der Anbieter die Kerndisziplinen wie Records Management bestens und kann sich von Wettbewerbern durch die Möglichkeiten für virtuelle Teams und die sogenannten Project Workspaces abheben. Auch die native Integration der E-Signatur hat Opentext vielen anderen Anbietern voraus.

Box rückt zum »Leader« auf

Mit der von Forrester unter die Lupe genommenen »Box Digital Business Suite« hat Box den Sprung in das »Leader«-Quartett geschafft. Dazu beigetragen haben vor allem die spürbaren Verbesserungen bei Governance, Sicherheit und Automatisierung. Auch die Benutzerfreundlichkeit hebt Forrester hier hervor.

Einen Vorteil hat das von Anfang an auf die Cloud ausgerichtete Unternehmen natürlich dadurch, dass es die geforderte Cloud-Ausrichtung umfassend erfüllt. Dass Cloud und SaaS aber gleichzeitig immer auch hohe Standardisierung bedeuten, zeigt sich bei Box daran, dass es an auf bestimmte Branchen zugeschnittenen Paketen fehlt. Von Forrester angemahnt Nachbesserungen bei der Prozessautomatisierung, Sicherheitsfunktionen und der E-Signatur-Integration sind wohl bereits in Vorbereitung.

SER Group immer noch EU-zentriert

Dem deutschen Unternehmen SER Group, das Forrester mit seinem Angebot »Doxis4« erneut als »strong performer« aufgenommen hat, fehlt es nach Ansicht der Analysten immer noch an internationaler Reichweite und Präsenz – ebenso wie an Partnerschaften und Beziehungen zu großen Systemintegratoren, um sich auch außerhalb der EU zu etablieren.

Technisch haben die Analysten dagegen so gut wie nichts auszusetzen. Was in Bezug auf AI-Unterstützung für Automatisierung und Federation Services noch nicht vorhanden ist, ist offenbar bereits in Vorbereitung.

IBM und M-Files mit deutlichsten Fortschritten

Von den anderen Anbietern haben sich nach Ansicht von Forrester vor allem IBM und M-Files positiv entwickelt. IBM hat seine »FileNET«-Plattform einer gründlichen Erneuerung unterzogen und umfassend in sein breiteres Angebot für Business Automation integriert. Allerdings ist beim Innovationssprung und der Cloud-Begeisterung bei IBM wohl der Blick auf die Bedürfnisse von Kunden mit älteren On-Premises-Installationen verloren gegangen. Die finden sich offenbar in der neuen Welt nicht immer zurecht, vermissen klare Ansagen und sind nach Auffassung von Forrester anfällig für attraktive Angebote von geschickt agierenden Wettbewerbern.

Bei M-Files hat der Wechsel in die Cloud Forrester zufolge geholfen, zuvor vorhandene Skalierungsprobleme zu beheben. Außerdem gelinge es den Finnen gut, trotz Cloud-Angebot vertikale Märkte bedarfsgerecht zu bedienen, darunter etwa Dienstleister, Baubranche und Fertigungsbetriebe. Generell als Stärke von M-Files sieht Forrester die gute Suche und das Metadaten-Konzept zur Kategorisierung von Dokumenten. Schwächer bewerten die Kunden dagegen die Outlook-Integration und die Funktionen und Bedienbarkeit auf Mobilgeräten.

Den kompletten Forrester-Report in englischer Sprache bieten diverse darin aufgeführte Anbieter nach einer Registrierung zum Download an. So ist er zum Beispiel nach Registrierung bei Hyland und bei M-Files auf der Webseite erhältlich.

About the Author: Peter Marwan