Interview mit Ed McQuiston von Hyland zu Akquisitionen

Was hat Hyland beim Kauf von Alfresco im Oktober vergangenen Jahres besonders gereizt?

ECMguide.de-Videointerview mit Ed McQuiston, Executive VP und CCO von Hyland (Bild: Hyland)

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ECMguide.de-Videointerview mit Ed McQuiston, Executive VP und CCO von Hyland (Bild: Hyland)

McQuiston: Die Akquisition von Alfresco trug uns in eine neue Welt: Open Source – dadurch werden Leute befähigt, an der Entwicklung mitzuarbeiten. Alfresco adressiert diese Gruppe, der es auch Low-Code- und Cloud-native-Lösungen bieten kann. Damit erhält Hyland die Möglichkeit, in Bereiche vorzudringen, die für uns bislang schwer zugänglich waren.

Warum hat Hyland nun mit Nuxeo noch einen weiteren Hersteller eines ECM-Systems auf Open-Source-Basis gekauft?

McQuiston: Egal ob durch Akquisitionen oder eigene Entwicklungen lautet unsere Philosophie, in den »White Space« vorzudringen – also in Bereiche, die wir bis dahin noch nicht abgedeckt hatten. Daher kauften wir im vergangenen Jahr beispielsweise auch den deutschen RPA-Anbieter Another Monday.

Und wo sehen Sie den White Space von Nuxeo?

McQuiston: Wie Alfresco erlaubt uns Nuxeo, noch stärker in einen Cloud-first-Ansatz zu investieren. Eine weitere wichtige Sache bei Nuxeo ist deren Digital Asset Management (DAM) Tool. DAM gibt es schon lange, aber Hyland hat diesen großen Markt, der schneller als andere Bereiche wächst, bislang noch nicht bedient. Jetzt haben wir ein wirklich starkes cloud-natives DAM-Tool in der Nuxeo-Plattform und können damit große Medienunternehmen und Retailer sowie Tech- und Finanzunternehmen versorgen. Ebenso ist es hilfreich, um Cross-Selling für zusätzliche Bedürfnisse im Content-Bereich zu betreiben.

Wie will Hyland die Produkte integrieren, speziell da, wo es eine Überlappung mit bestehenden Produkten gibt?

McQuiston: Die Integration baut auf dem bereits vor ein paar Jahren vorbereiteten Ansatz der cloud-nativen Strategie auf, die auch Content Services zugrunde liegt. Die Idee hinter Content Services ist, dass es dem Nutzer weniger um den Speicherort der Daten geht, sondern vielmehr um die Zugänglichkeit der Informationen und die Funktionalität, die er nutzen kann. Diese Philosophie hat die Entwicklungen innerhalb der »Hyland Experience Plattform, HxP« gefördert. Sie erlaubt einen Kategorie-level Ansatz für unsere Kunden. Wir haben beispielsweise »Hyland Experience Capture«, ein cloud-natives Capture Tool, das an jede unserer Foundation-Plattformen wie »OnBase« oder »Alfresco« andocken kann. Eine andere Cloud-native-Application ist »ShareBase«. Unser Ansatz erfüllt die Anforderung, dass das Repository unabhängig von der Funktionalität sein sollte, welche Marktanalysten bei Content-Services-Betrachtungen stellen. Egal ob man dann ein Repository von Alfresco, OnBase oder Perceptive besitzt, sind diese Komponenten nutzbar. Nachdem wir die Nuxeo-Transaktion gerade erst abgeschlossen haben, analysieren wir nun, wie die Technologie voll genutzt werden kann. Unser Ziel ist es, die Talente und das Beste des Nuxeo-Teams und der Technologie zu nutzen, um unseren Kunden weiterhin die transformativen Cloud-Native-Lösungen zu bieten, die sie suchen. Ziel ist, Kunden in die Cloud zu bringen und ihnen dann ein breites Funktionsangebot zu machen.

Sie sprechen nur von Onbase-, Perceptive- und Alfresco-Repositories. Was ist mit Anwendern, die ein Saperion- oder Nuxeo-Repository haben? Werden diese auch weiterentwickelt, um cloud-native Anwendungen nutzen zu können oder müssen diese zu einem anderen Repository migrieren?

McQuiston:Wir evaluieren die spezifischen Eigenschaften dieser Technologien und wie wir sie voll zum Tragen bringen können. Nach weiteren Untersuchungen in den kommenden Wochen und Monaten werden wir voraussichtlich eine klarere Roadmap entwickeln.

Wie wird Hyland künftig die Open-Source-Community von Nuxeo und Alfresco unterstützen?

McQuiston: Wir sind hundertprozentig dazu bereit, die Open Source Communities von Nuxeo und Alfresco weiter zu unterstützen und zu pflegen, weil das für die Kunden und die Communities sehr wichtig ist. Ferner wissen wir auch, dass die Innovationen – neue Lösungen und Applikationen – aus den Communities heraus entstehen. Seit es zu Hyland gestoßen ist, hat das Alfresco-Team bislang sehr viel getan, um Hyland-Experten mit der Open-Source-Technologie, -Ansatz und -Interaktionen vertraut zu machen und wir arbeiten mit Spannung an diesen Entwicklungen weiter.

Microsoft liegt im »Gartner Magic Quadrant for Content Services Platforms (CSP)« an vorderster Front. Teilen Sie die Einschätzung Gartners, dass Microsoft mit den CSP-Fähigkeiten von »Microsoft 365« und damit vor allem von »SharePoint« noch vor Hyland, das sich an zweiter Stelle befindet, und den weiteren CSP-Spezialisten liegt?

McQuiston: Wenn Gartner den CSP-Bereich betrachtet, haben deren Analysten eine sehr breite Sicht auf Content Services. Hyland ist aus meiner Sicht führend im sogenannten »Transactional Content Management«, das Prozesse automatisieren kann, an denen digitaler Content und Menschen teilhaben. Hierzu zählen zum Beispiel Rechnungs- und Freigabe-Prozesse sowie Mitarbeiter-Onboarding mit je nach Region, Abteilung, Position und weiteren Faktoren sehr unterschiedlichen Prozessen. Wir haben jedoch auch führende Produkte im traditionellen Enterprise-Content-Management-Bereich beispielsweise bei Archivierung. Doch ist es eine unserer Schlüsselkompetenzen, uns in andere Anwendungen wie SAP sogar »out of the box« integrieren zu können. Hierbei findet ein Austausch auf Datenebene statt, um beispielsweise Rechnungsworkflows zu ermöglichen. Dies machen wir mit Schlüssel-Anwendungen in unterschiedlichen Branchen, zum Beispiel auch mit Guidewire im Versicherungsbereich, Epic im Gesundheitswesen und Ellucian im Bildungsbereich. Mit diesen Kernsystemen arbeiten Hyland-Lösungen häufig voll integriert im Hintergrund. Aus Hyland-Marketing-Sicht muss man sagen »leider« im Hintergrund. Für die Anwender ist dies jedoch großartig, da Hyland-Produkte sich nahtlos integrieren können. Content ist die Basis so vieler transaktionaler Prozesse. Unsere Fähigkeit ist, diesen Content nicht nur zu bedienen, sondern ihn für Vorgänge zum richtigen Zeitpunkt, für die richtige Person an der richtigen Stelle nutzbar zu machen – egal über welche Applikation oder welches Gerät.

Profitiert Hyland auch von Sharepoint?

McQuiston: Wenn wir auf einen Kunden stoßen, der bereits viel in Sharepoint investiert hat – seine umfassenden Portal- und Collaboration-Funktionen nutzt – kann Hyland eine enge Sharepoint-Integration mit dem Content sowie den Prozessen anbieten, die der Kunde wünscht, während er gleichzeitig eine echte »Sharepoint-Erfahrung« hat. Es ist aber auch möglich, von Sharepoint Hyland-Produkte zu nutzen. Anwender verbleiben in Sharepoint und dem dortigen Look and Feel und können beispielsweise einen Workflow starten oder eine Suche durchführen.

Welche Trends zeichnen sich Ihrer Meinung nach im Umfeld von Hylands Zielgruppe vor allem ab?

McQuiston: Cloud! Vielleicht liegt es an einem gewissen Covid-Effekt, dass Unternehmen ihre digitale Transformation forcieren. Global ist unsere Cloud-Pipeline im vergangenen Jahr um 116 Prozent gewachsen. 50 Prozent der US-Pipeline ist cloud-hosted. Unserer Erfahrung nach findet der Trend zu Cloud-Lösungen weniger wegen der Präferenz der IT hinsichtlich gehosteter Infrastruktur statt, sondern weil die IT dann mehr Gelegenheit hat, strategische Themen und Aufgaben auch trotz der Pandemieauswirkungen auf ihr Unternehmen zu lösen. Unternehmen sind dabei, Digital Workplaces für Remote Workers aufzubauen und berücksichtigen dabei, dass sich viele Geschäftsmodelle gerade ändern. Beispielsweise lasse ich mir seit über einem Jahr meine Lebensmittel vor die Tür liefern, nachdem ich sie online bestellt habe. Kundenverhalten ändert sich, so auch die Vorgehensweise von Unternehmen. Insgesamt ändern sich die Bedürfnisse und die Anforderungen steigen – auch von den Home-Office-Beschäftigten. IT-Abteilungen müssen sich auf solche strategischen Punkte fokussieren können. Sie müssen ihre Applikationen in die Cloud stellen können und können sich dann ihren eigentlichen Aufgaben widmen. Hyland verwaltet währenddessen die Infrastruktur und Updates und alles weitere über Managed Services, so auch die Anwendung selbst. Für die OnBase- und Perceptive-Plattformen bieten wir außerdem Low-Code-Applikationen. Hinzu kommen Kategorie-level Produkte wie Capture, CCM, DAM, die Kunden befähigen, mit einzelnen Kunden unterschiedlichste Probleme zu lösen. Fast unser gesamtes Neugeschäft ist cloud-bezogen – und dabei sind Nuxeo und Alfresco eine große Hilfe.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.