Interview mit Docuware-Chef Dr. Michael Berger zur Coronakrise

Welche Auswirkungen hat die Coronakrise Ihrer Meinung nach speziell auf Docuware aber auch auf andere Unternehmen in Deutschland?

Dr. Michael Berger leitet seit Anfang 2019 gemeinsam mit Max Ertl die Geschäfte von Docuware (Bild: Docuware)

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Dr. Michael Berger leitet seit Anfang 2019 gemeinsam mit Max Ertl die Geschäfte von Docuware (Bild: Docuware)

Berger: Wir sehen keine Gefahr für den Fortbestand von DocuWare und glauben, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen können. Jedoch sind viele Unternehmen einfach nicht auf eine derartige Krise vorbereitet. Die Versäumnisse bei der Digitalisierung unseres Landes aber auch der einzelnen Firmen rächen sich nun.

Was macht Sie in Ihrem Fall so sicher und welche Versäumnisse meinen Sie genau?

Berger: Wir stellen einen Service zur Verfügung, der den Firmen hilft, solche Zeiten gut zu überstehen. Das Produkt wird auch jetzt nachgefragt und ich bin überzeugt, dass das Interesse nach der Krise weiter ansteigt. Wir sind eine sehr solide Firma, die international agiert und Zukunftsthemen adressiert. Leider haben viele Firmen noch Papierordner in den Büros, die die Mitarbeiter zur weiteren Bearbeitung, zum Beispiel bei Versicherungsfällen, Aufträgen, Reklamationen, Projektdokumentationen usw. benötigen. Aktuell ist das mit einem hohen Risiko verbunden und die Bearbeitung geht langsamer, eventuell sogar überhaupt nicht voran.

Die Krise hat im März ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Wie waren in diesem Monat Ihre Umsätze?

Berger: Im März 2020 konnten wir unseren weltweiten Gesamtumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 19,7 Prozent von 4,328 Millionen Euro auf 5,183 Millionen Euro steigern. Unser Wettbewerbsvorsprung ist unser Public Cloud-Angebot, das gerade in dieser Zeit sehr gefragt ist und uns Umsatzzuwächse bringt.

Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter ins Homeoffice. Sie haben Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern – arbeiten alle Kollegen weltweit von zuhause aus?

Berger: Von unseren rund 350 Mitarbeitern weltweit arbeiten derzeit 340 zuhause. Nur ein paar wenige in Deutschland und Bulgarien sind jeweils im Büro, etwa aus der IT, um gegebenenfalls Hardware auszutauschen. Den Standort in den USA haben wir bereits am 11. März geschlossen, die Standorte in Germering und Sofia sowie die Niederlassungen in Frankreich, Spanien und UK am 12. März.

Und wie sehen die Arbeitsabläufe bei Docuware nun aus?

Berger: Wir setzen natürlich unser ECM-System »DocuWare« intern ein, wie übrigens auch unsere Vertriebspartner. An unserer Arbeitsweise hat sich nicht viel geändert und unsere Prozesse laufen wie gewohnt ab. Wir können unabhängig vom Standort zum Beispiel Bestellungen bearbeiten, Rechnungen abzeichnen und bezahlen, Jahresabschlüsse durchführen und Anträge auf Heimarbeit regeln. Docuware ist schon seit vielen Jahren international tätig und wir sind täglich mit Kollegen an verteilten Standorten über Audio bzw. Video in Kontakt.

Wie haben Sie sich auf die jetzige Situation vorbereitet?

Berger: Wir haben schon vor der Krise unsere Datenschutz- und Sicherheitsrichtlinien angepasst. Mobile Work gibt es schon länger und Mitarbeiter konnten einzelne Tage von zuhause arbeiten. Des Weiteren haben wir alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass kein Teil des Unternehmens geschwächt wird. Es wurden Notfallpläne für zentrale Abteilungen und Systeme erarbeitet, die uns in die Lage versetzen, in verschiedenen Situationen den Betrieb kritischer Dienste und Prozesse mit gegebenenfalls eingeschränkten personellen Ressourcen aufrechterhalten. Etwa die IT-Infrastruktur, den Support, das CRM- und Finanzsystem, das Docuware Cloud System mit allen Portalen, die Webseite, aber auch die Personalabrechnung und unser Bezahlsystem. Für unsere Kunden und Partner wollen wir einen höchstmöglichen Grad an Geschäftskontinuität gewährleisten und somit finden alle Termine derzeit virtuell statt. Interessenten bieten wir statt Vorort-Terminen die Möglichkeit an, sich die Vorteile unserer Lösungen online präsentieren zu lassen. Wir können uns remote auf Kundensysteme schalten, um diese zu warten beziehungsweise auszurollen oder auch neu aufzusetzen.

Wenn Sie etwas weiter nach vorne blicken, mit welchen Folgen rechnen Sie dann?

Berger: Was unser Geschäft betrifft, so glauben wir, dass Unternehmen gerade in der Krisenzeit erkennen, dass Digitalisierung und gut strukturierte Prozesse von großer Bedeutung sind und dass sie zwingend handeln müssen. Und somit wird die Nachfrage stark anziehen. Mit unseren ca. 700 Vertriebspartnern weltweit und ca. 2000 Experten zum Thema sind wir bestens aufgestellt, um die Kunden vor Ort und über Ländergrenzen hinweg zu beraten. Noch ist kein Ende der Krise in Sicht. Wir wünschen uns aber vor allem, dass die ausgemalten Horrorszenarien nicht eintreten und wir möglichst rasch zur Normalität zurückkehren können.

Wird sich durch die Coronakrise etwas an der Einstellung gegenüber Cloud-basierten ECM-Lösungen ändern?

Berger: Unsere Zahlen belegen, dass die Skepsis gegenüber der Cloud schon generell deutlich gesunken ist. Im vergangenen Jahr haben sich 60 Prozent unserer Neukunden für diese Bereitstellung entschieden und im Vergleich zu 2018 ist unser Cloud-Umsatz um 71 Prozent gestiegen. Gerade für Mittelständler ist unsere Public Cloud eine echte Alternative, da in der Zeit während und nach Corona der Preis eine große Rolle spielt. Bei uns zahlen Kunden nur das, was sie wirklich benötigen. Sie entscheiden, wie viele Benutzerlizenzen und Speicherkapazität erforderlich sind und durch vorkonfigurierte Workflows wird die Implementierungszeit gering gehalten.

Wie werden Ihrer Meinung nach andere ECM-Anbieter mit der Krise fertig werden?

Berger: Die gesamte ECM-Branche wird profitieren. Allerdings fördert die Krise sicher auch die Konsolidierung im Markt. Anbieter von reinen OnPremises-Lösungen werden es noch schwerer haben.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.