Jedes achte Unternehmen arbeitet papierlos
Stand deutscher Unternehmen beim »Digital-Office«
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95 Prozent der deutschen Unternehmen setzen mindestens eine Digital-Office-Lösung ein, etwa um auf Dokumente zuzugreifen oder Kundendaten zu verwalten. Jedes achte Unternehmen (12 Prozent) arbeitet bereits komplett papierlos, bei 28 Prozent sind nur noch etwa ein Viertel der Prozesse papierbasiert. Etwa zur Hälfte papierbasiert arbeiten 33 Prozent der deutschen Unternehmen, 20 Prozent wickeln etwa drei Viertel ihrer Vorgänge papierbasiert ab. Bei 5 Prozent ist noch »alles« papierbasiert, so die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage bei Unternehmen ab 20 Beschäftigten, die der Bitkom zum Auftakt eines Informationstages diese Woche vorgestellt hat.
Unter »Digital-Office-Lösungen« fasst der Bitkom ERP, CRM und ECM-Lösungen zusammen. E-Mail wurde in den Ergebnissen gar nicht mehr dargestellt. Diesen Kommunikationsweg nutzen inzwischen alle Unternehmen. Wie bei vielen ähnlichen Umfragen sieht auch der Bitkom einen erheblichen Digitalisierungsschub durch die Pandemie und inzwischen einen ganz leichten Rückgang bei einigen digitalen Lösungen, etwa Videokonferenzen, Messenger und Kollaborations-Tools. Den führt der Digitalverband auch auf die Rückkehr der Menschen in die Büros zurück, sieht darin aber keine grundsätzliche Umkehr, sondern nur eine leichte Anpassung.
»Analoges Arbeiten irgendwie zu digitalisieren, reicht heute nicht mehr aus«, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. »Es geht darum, die Unternehmensabläufe aus digitaler Perspektive sehr grundsätzlich zu überprüfen und zu optimieren.« Dabei geht der Verband mit gutem Beispiel voran. »Beim Bitkom gibts keine Aktenschränke mehr. Wir arbeiten komplett papierlos – bis auf die Bereiche, in denen Schriftformerfordernis gegeben ist«, erklärte Rohleder. Durch den Verzicht auf Arbeitsplatzdrucker spare der Verband pro Jahr etwa 40.000 Euro ein, die früher für Verbrauchsmaterial ausgegeben wurden. Und auch Festnetzanschlüsse gebe es beim Bitkom nicht mehr: Auch dadurch spare der Verband Rohleder zufolge Zeit und Kosten. Hier wollen ihm die meisten Unternehmen aber nicht folgen: 93 Prozent der Befragte nutzen für Ihre Kommunikation auch noch das Festnetz.
Digitalisierung lohnt sich für alle
Etwa jedes zehnte Unternehmen (9 Prozent) sieht sich bei der Digitalisierung seiner Geschäfts- und Verwaltungsprozesse als Spitzenreiter. Weitere 40 Prozent stufen sich selbst noch als „Vorreiter“ – weitere 49 Prozent sehen sich selbst aber als Nachzügler. Das sind oft kleine Unternehmen mit 20 bis 99 Beschäftigten. Von ihnen sehen sich 54 Prozent als Nachzügler. Bei den Großunternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten sind es dagegen nur 20 Prozent.
»Dass es sich nur für große Unternehmen lohnt, Prozesse zu digitalisieren, ist ein Trugschluss«, betont Rohleder. »Gerade kleinen Unternehmen können digitale Lösungen dabei helfen, ihre begrenzten Kapazitäten etwa an Personal und Geld effizienter einzusetzen.« Rohleder empfiehlt ihnen, Zuständigkeiten für die Digitalisierung zu benennen, Weiterbildungen zu ermöglichen und Prozesse durchgängig zu digitalisieren.
Hürden der Digitalisierung
Das ist aber leichter gesagt als getan. Denn der Mangel an Fachkräften für die Digitalisierung hat allgemein stark zugenommen – und kleine Unternehmen dürfte den noch deutlicher spüren. Der aktuellen Bitkom-Umfrage zufolge ist er die größte Hürde für die Digitalisierung der Unternehmen. 72 Prozent finden zu wenig qualifiziertes Personal. 2021 waren es noch 57 Prozent.
73 Prozent der Unternehmen versuchen, dem mit Investitionen in die Fort- und Weiterbildung ihrer Beschäftigten zu begegnen. Ziel müsse es dabei nicht unbedingt sein, alle zu Experten zu machen, rät Rohleder. Wichtig sei aber, »sie zu befähigen, den Wandel mitzugehen.« Das gelte auch in Hinblick auf die weitere Entwicklung: »72 Prozent, die den Fachkräftemangel als Hürde für die Digitalisierung nennen, ist ein hoher Wert. Wenn wir aber bedenken, dass wir am Anfang des demographischen Wandels stehen, bei dem die Babyboomer aus dem Berufsleben aussteigen, dann wissen wir, was da in den nächste Jahren auf uns zukommt«, mahnt Rohleder.
Der Fachkräftemangel schlägt auch bei den anderen Aspekten durch, die als Hürden der Digitalisierung genannt werden: Wenn Firmen zu hohe Anforderungen an die IT-Sicherheit, den Datenschutz oder fehlende Standards nennen (60, 57 und 49 Prozent), dann ist das oft auch nur eine Umschreibung dafür, dass ihnen die entsprechenden Experten fehlen.
Fachkräftemangel auch im Management
Bei näherer Betrachtung fehlt aber auch der ernsthafte Wille und die letzte Entschlossenheit – oder auch im Management das richtige Wissen. Der hohe Investionsbedarf (von 68 Prozent der Befragten genannt) als größte interne Hürde offenbart zum Beispiel, dass viele die durch eine Digitalisierung möglichen Einsparungen verkennen oder nicht ausreichend einschätzen können – auch wenn nur 15 Prozent erklären, dass ihnen der unklare wirtschaftliche Nutzen unklar sei und sie deshalb mit Digitalisierungsinitiativen zögerten.
Auch das zweithäufigste Argument – fehlende Zeit (63Prozent)– scheint eher eine Schutzbehauptung zu sein. Wer sich die Zeit nicht nimmt, sondern lieber weiterhin für umständliche, analoge Prozesse aufwendet, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden und setzt die falschen Prioritäten.
Realer sind da schon die Ängste vor unberechtigtem Zugriff auf die Daten (61 Prozent) und derem Verlust (53 Prozent). Hier ist zu hoffen, dass die dazu führen, dass bei der Digitalisierung dann Ansätze gewählt werden, die diese Probleme entsprechend berücksichtigen und ausreichende Mechanismen zur Sicherung und Widerherstellung vorsehen.
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