Published On: 13. Dezember 2024Von

Technische Highlights 2024 aus dem ECM-Kosmos

Nicht nur, aber auch: KI hat viele der neuen Ankündigungen im ECM-Bereich 2024 bestimmt. Daneben sorgte die E-Rechnungspflicht für einen hohen Informations- und Handlungsbedarf und Neues gab es zudem bei Identitätsnachweisen und Cloud-Lösungen.

Technische Highlights

12-12-24-Technik-Rückblick

Cloud, KI, IDP und E-Rechnung zählten zu den Technologietreibern im ECM-Sektor (Bild: A.Stadler)

Einfachere elektronische Identitätsnachweise

Das Jahr 2024 startete mit Ankündigungen zu Neuheiten bezüglich digitaler Identitätsnachweise. Um Vorgänge wie die Unterzeichnung von Verträgen oder die Beantragung von staatlichen Leistungen elektronisch erledigen zu können, ist es essenziell, dass die Identität der beteiligten Personen eindeutig nachgewiesen ist. Für die qualifizierte elektronische Signatur war es in der Vergangenheit notwendig, sich bei verschiedenen Vertragsparteien einmalig persönlich auszuweisen. Hierfür mussten Unterzeichnerinnen und Unterzeichner ihren Personalausweis persönlich vorlegen oder einen Videotermin mit einem zertifizierten Prüfer vereinbaren.

Anbieter wie DocuSign und IDnow versuchen nun einmalige Identitätsüberprüfungsprozesse in einer Identity Wallet abzuspeichern. Die Daten der Identitätsprüfung werden herangezogen, wenn die entsprechende Person einen QES-Vorgang eines anderen Vertragspartners nutzt. Der Vertragspartner muss dann aber auch ein DocuSign- oder eben IDnow-Verfahren verwenden.

DocuSign hat Ende Januar eine Identity Wallet für qualifizierte elektronische Signaturen (QES) angekündigt, die der EU und UK-Verordnung eIDAS (electronic IDentification, Authentication and Trust Services) entspricht. Die Identity Wallet ermöglicht es Unterzeichnenden, ihre persönlichen Informationen sicher zu speichern und für nachfolgernde QES-Vereinbarungen wiederzuverwenden.

Der Plattformanbieter für Identitätsprüfungen in Europa IDnow hat Anfange Februar eine Identity Wallet für netID Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland angekündigt. Die »netID Wallet« App soll Nutzenden die Wiederverwendung und das Teilen gespeicherter digitaler Identitäten erlauben. netID ist ein offener Standard, der es Nutzenden ermöglicht, datenschutzkonform auf Online-Angebote der netID-Partner mit denselben Login-Daten zuzugreifen. Zu den netID-Partnern zählen unter anderem die Mediengruppe RTL Deutschland, ProSiebenSat.1 und United Internet mit den Marken WEB.DE und GMX.

ECM aus der Cloud

Hinsichtlich Cloud gab es ebenfalls einiges zu verkünden: So erreichte ECM-Anbieter DocuWare, der schon seit 2012 auf cloud-basiertes Dokumentenmanagement setzt, im Frühjahr die Zahl von 10.000 Cloud-Kunden. Sowohl im Geschäftsjahr 2022 als auch im Geschäftsjahr 2023 kamen jeweils rund 2.500 Cloud-Neukunden hinzu. Damit Anwenderinnen und Anwender direkt aus dem ERP-System Abas auf Cloud-Dokumentenmanagement zugreifen kann, gaben DocuWare und Abas eine Kooperation bekannt. Durch die vollständige Integration des Cloud-basierten DMS in Abas sollen gerade mittelständische Unternehmen dem Ziel eines ortsunabhängigen und papierlosen Unternehmens näher kommen .

Ebenfalls im Frühjahr hat EASY SOFTWARE eine cloud-native Version seines Kernprodukts »easy archive« glauncht. Für Bestandskunden stellt Easy eine einfache Verbindung zwischen Cloud und On-Premises her: Mit minimalem Aufwand und ohne zusätzliche Kosten soll sich per Hybrid-Connector ein bestehendes On-Premises-Archiv sofort mit der Cloud-Instanz verbinden lassen. Wahlweise können Nutzende sogar Cloud- und Bestandsarchiv parallel benutzen. Drittsysteme lassen sich ebenfalls über den Hybrid Connector anbinden.

Elektronische Rechnungen werden Pflicht

Wichtiges Thema war für alle ECM-Softwarehersteller in diesem Jahr die E-Rechnung. Obwohl E-Rechnungen schon seit einigen Jahren viele Unternehmen beschäftigt, hat die Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes Ende März das Thema noch einmal gepusht.

Entsprechend dem Gesetz sind Unternehmen mit inländischen B2B-Umsätzen ab dem 1. Januar 2025 verpflichtet, E-Rechnungen gemäß DIN EN 16931 empfangen und verarbeiten zu können. Für den Versand sind Übergangsregelungen geschaffen worden, da die Realisierung der Lösungen noch vielen Unternehmen Zeit kostet. Ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) an die obersten Finanzbehörden der Länder vom 15. Oktober 2024 hat die Vorschriften der E-Rechnungspflicht gemäß dem Wachstumschancengesetz nun noch einmal weiter präzisiert. Demnach gelten für den verpflichtenden E-Rechnungsversand folgende Übergangsfristen:

Fristen für das verpflichtende Versenden von E-Rechnungen laut BMF (Bild: A.Stadler)

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Ab 2028 wird Empfang und Versand von E-Rechnungen für alle Unternehmen in Deutschland Pflicht (Bild: A. Stadler)

Die Erstellung von E-Rechnungen ist im Allgemeinen über neuere Versionen von Buchhaltungs- und ERP-Programmen möglich. Auch Portale bieten entsprechende Services an. Zwar ist eine ECM- oder DMS-Lösung für den Empfang und das Versenden von E-Rechnungen nicht zwingend notwendig, aber sehr hilfreich. Denn auch im BMF-Schreiben wird noch einmal darauf hingewiesen, dass E-Rechnungen ebenso wie zahlungsbegründende Unterlagen im auswertbaren Originalformat unveränderbar archiviert werden müssen, wozu ECM-Systeme in der Lage sind.

Disruptive Veränderungen durch KI

Natürlich sorgte auch Künstliche Intelligenz (KI) für bemerkenswerte Innovationen im ECM-Bereich. Sowohl bei der Erfassung und Klassifizierung von Informationen aus Dokumenten verschiedenen Ursprungs als auch bei ECM-Softwaresystemen selbst, gab es umwälzende Neuerungen. Für Capture-Lösungen, die KI in höherentwickelter Form einbinden, hat sich mit Intelligent Document Processing (IDP) eine neue Kategorie etabliert. IDP-Lösungen besitzen fortschrittliche Analytics-Fähigkeiten und bieten Möglichkeiten, um dokumentenbezogene Geschäftsprozesse zu automatisieren. Zu den stark zunehmenden Lösungen im Bereich IDP haben wir auf ECMGUIDE eine neue Produktübersicht gestartet, die kontinuierlich aktualisiert und erweitert wird. KI, die in IDP-Lösungen zum Tragen kommt, umfasst beispielsweise generative KI, Retrieval Augmented Generation (RAG) und die Verbindung zu Services führender KI-Anbieter.

Doch auch ECM-Systeme selbst erhalten immer mehr KI-Funktionalitäten. Der führende internationale Softwarehersteller OpenText kündigte in seinen vier Updates für 2024 (unter anderem hier) jeweils neue KI-Funktionen an, die unter den Begriff Aviator fallen. Aber selbst nationale ECM-Hersteller sind überaus innovativ und adressieren damit den Mittelstand. So erweitert beispielsweise DMSFACTORY das ECM-System »M-Files« um eine KI-Suite. Die Lösung kombiniert die Techniken aus den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning, um Dokumente automatisch zu klassifizieren, relevante Informationen zu extrahieren und Metadaten anzureichern.

ELO Digital Office hat beispielsweise ein KI-Forschungsteam in Saarbrücken ins Leben gerufen, das unter anderem konkrete Einsatzszenarien entwirft. Demnach kann KI beispielsweise im Rechnungsmanagement und Auftragswesen zum Einsatz kommen, wo zudem eine enge Verzahnung zwischen ECM- und ERP-Systemen besteht. Diese Konstellation ermöglicht zum Beispiel eine Dunkelbuchung, also die vollautomatisierte Verarbeitung einer Rechnung vom Eingang bis zur Bezahlung.

Ende Oktober präsentierte Amagno seine ECM-Lösung als »Amagno CECM«. Conversational Enterprise Content Management (CECM) erweitert die traditionellen Funktionen eines ECM-Systems, indem es eine dialogorientierte, KI-gestützte Benutzerinteraktion ermöglicht. Statt Suchergebnisse in Form einzelner Dateien liefert das Amagno CECM Antworten und Kontext. Es ermöglicht Mitarbeitenden, sich mit den Dokumenten ihres Unternehmens in natürlicher Sprache zu unterhalten. Ähnlich wie bei der Nutzung von generativer KI wie ChatGPT, können Anwenderinnen und Anwender das Prompting mit den auf eine Frage erhaltenen Inhalten beliebig weit fortsetzen. Antworten und Ergebnisse werden so kontinuierlich verfeinert. Auf diese Weise lassen sich sogar Prozesse ohne Programmierung und Skripting aufsetzen.

Besonders die Trendthemen KI und E-Rechnungen werden sich 2025 fortsetzen. Wie Branchenexperten die weitere Entwicklung einschätzen, lesen Sie in den nächsten Tagen hier bei uns.

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About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.
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