ECM-Pharma-Projekte erfordern viel Branchen-Know-how
Wichtige Bestandteile des Gesundheitssektors sind neben den medizinischen Einrichtungen wie Kliniken, Krankenhäuser und Arztpraxen auch Pharmaunternehmen sowie Hersteller von Arzneimitteln und medizinischen Produkten. Auch für sie spielen ECM-Lösungen eine bedeutende Rolle. Neben den grundsätzlichen Vorteilen von ECM-Projekten, stehen hier laut Hubert Meckel, Principal Systems Engineer Life Sciences bei OpenText zwei Aspekte besonders im Vordergrund: »Als erstes ist festzustellen, dass durch die ECM-Einführung eine verbesserte Compliance erreicht wird, da durch die Prozessautomatisierung klar einzuhaltende und dokumentierte Prozesse implementiert werden. Bei Nachfragen von Behörden können Informationen schneller gefunden und ordnungsgemäße Vorgehensweisen nachgewiesen werden. Als zweites führt die Automatisierung der Prozesse und die damit verbundene Übersicht über den Stand der Entwicklungen und der Einreichungen im allgemeinen zu einem schnelleren Markteintritt der Produkte, welches zu bedeutenden Gewinnerhöhungen führt.«
Zwar stellt der Pharmasektor einen sehr interessanten Markt dar, doch ist dessen Erschließung für die ECM-Anbieter nicht einfach. Sie benötigen sehr viel Branchen-Know-how, regulatorisches Wissen und fundierte Kenntnis zu Prozess- und Qualitätsmanagement. Selbst der ECM-Branchen-Primus Opentext tat sich schwer, diesen Sektor für sich zu erschließen. Daher war die führende Marktposition von Documentum in diesem Bereich ein wichtiger Grund, um für 1,6 Milliarden Dollar die Documentum-Sparte von Dell/EMC zu übernehmen.
Der Pharmasektor ist durch Gesetze und Vorschriften stark reguliert
Was die Pharma-Branche hinsichtlich ECM von anderen Branchen unterscheidet, veranschaulicht Daniel Pelke, Director Life Science Industry von fme, die Projekte auf Basis von Documentum realisieren. Nach dessen Angaben zählen 80 Prozent der Top-10-Pharmaunternehmen zu den Kunden des IT- Dienstleisters Fme. »Wir sprechen hier nicht von beispielsweise Belegarchivierung, die über alle Branchen ähnlich aussieht«, so Pelke. »Die Rede ist von einem durch Gesetze und Vorschriften stark regulierten Bereich und seinen Prozessen, die man verstehen muss. Die Kunden erwarten von uns, dass wir IT-Anforderungen an beispielsweise die Zulassung von neuen Produkten oder die Dokumentation von Studien und Versuchsreihen kennen.« Die Kenntnis über die zu Grunde liegenden Datenmodelle für die Unterstützung der Prozesse mache hier den wesentlichen Unterschied zu anderen Brachen aus.
Dass auch mittelständische Anbieter in diesem schwierigen Markt Fuß fassen können, beweist d.velop Life Sciences. Mit 29 Mitarbeitern führt das Unternehmen jährlich 12 bis 15 Projekte im Life-Science-Segment durch. Der Kundenkreis umfasst hier vorwiegend den deutschen Mittelstand wie die Arzneimittelhersteller Bionorica, Medice und Dr. August Wolff. Die Mitarbeiteranzahl der Kunden reicht von 100 bis 12.000. Im Gegensatz zu ECM-Projekten in anderen Branchen ist laut Thilo Gukelberger, Geschäftsführer von Dvelop Life Sciences hier ein viel stärkerer Ansatz im Qualitätsmanagement gefordert. »Hinzu kommt die Einhaltung der Regularien und die Auditierungen, die jeder Kunde in Bezug auf seine Vertragspartner durchführt. Hierzu benötigt man Referenzen bei den Audit-Stellen«, so Gukelberger. Während Dvelop Life Sciences rein den Produktions- und Qualitätsmanagementbereich adressiert, sind die ECM-Lösungen des Mutterkonzerns d.velop für die allgemeinen Unternehmensbereiche wie die Verwaltung vorgesehen. Jedoch lassen sich beide Dvelop-Produktbereiche gut miteinander koppeln.
Der Pharmasektor bleibt auch in Zukunft interessant für ECM
Prinzipiell gibt es sowohl im mittelständischen Pharmabereich wie auch bei den Konzernen noch weiteren Handlungsbedarf. Vor allem die großen Unternehmen beschäftigen sich im Moment mit Personalized Medicine und Pharma 4.0, die es zu unterstützen gilt. Darüber hinaus werde laut Pelke die nächste Stufe Richtung Healthcare-as-a-Service (HaaS) gehen. »Hier wird zukünftig Gesundheit verkauft und nicht mehr eine Pille. Mit diversen Sensoren werden viele Messpunkte genommen, verarbeitet und auf Basis dessen ein Service angeboten.« Die digitale Transformation soll helfen, hier neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Weitere Hintergrundinformationen wie einzuhaltende Vorschriften und Regularien sind in den Einzelinterviews mit Daniel Pelke von fme sowie Hubert Meckel von Opentext zu lesen.