Interview zu Trends im E-Mail-Management, Alos
Laut Dieter Woeste, Geschäftsführer des DMS-Systemhauses Alos, sind Kunden häufig überrascht, welche Komplexität sich hinter E-Mail-Management-Projekten verbergen kann. Allerdings geht es auch um komplexe Anforderungen, deren Umsetzung Abläufe verändern. Ziel ist beispielsweise eine ungeheure Flut an Nachrichten automatisiert in den Griff zu bekommen.
Wie hoch ist aus Ihrer Sicht das Potenzial für E-Mail-Management-Lösungen in deutschen Unternehmen?
Woeste: Die E-Mail ist sicherlich das wichtigste Kommunikationsmedium im Business-to-Business-Umfeld – sie liegt weit vor den neuen Technologien wie Chats oder Speichersysteme in der Cloud. Und im Gegensatz zu früher sehen die meisten Verantwortlichen die E-Mail als ein Medium, von dem Erfolg und Misserfolg abhängen. Schon der Verlust einer einzigen, wichtigen Mail kann ein Unternehmen in Schwierigkeiten bringen. Wenn wir über das Potenzial für E-Mail-Management-Lösungen sprechen, sehen wir hier bei ALOS verschiedene Faktoren. Faktor eins ist, dass jedes Unternehmen auf eine sichere und zuverlässige E-Mail-Management-Lösung zwingend angewiesen ist. Denn diese Lösungen vermindern das Risiko von Datenverlust, sie garantieren das Einhalten von Compliance-Vorgaben und bilden wesentliche Sicherheitsstandards eines Unternehmens ab. Ein zweiter Faktor ist die Zahl der Mails, die diese Lösung verarbeiten und organisieren soll. Die ist selbstverständlich bei allen Unternehmen verschieden. Entscheidend für das Potenzial ist die Gesamtzahl aller Mails. »Statista« (www.statista.de) rechnet im Jahr 2017 mit rund 206 Milliarden E-Mails, die pro Tag versendet werden. Der größte Teil wird in irgendeiner Form durch ein oder mehrere E-Mail-Management-Systeme laufen – gleichgültig, ob dieses System Mails als »SPAM« aussortiert oder als »VERTRAULICH« in einem geschützten Bereich sichert. Ein dritter Faktor ist die Geschwindigkeit der Business-Prozesse, die Kunden, Geschäftspartner und Verantwortliche erwarten. Wenn ein Kunde eine Mail schickt, wünscht er typischerweise eine sehr schnelle Antwort oder wenigstens die schnelle Verarbeitung innerhalb der nachfolgenden Geschäftsabläufe – beispielsweise Bestellung, Zahlung, Reklamation, Angebot. Hier haben viele Unternehmen großen Nachholbedarf. Aus unserer Sicht liegt genau hier ein gewaltiges Potenzial. Natürlich haben wir für alle Bereiche die entsprechenden Lösungen parat: DocuWare, JobRouter oder auch Kofax Mailroom Automation
Es gibt die unterschiedlichsten Lösungen für E-Mail-Management: Client- und serverseitige, hardware- und cloudbasierte Lösungen. Zu welcher Art tendieren die Anwender derzeit am meisten?
Woeste: Auch hier beobachten wir ein Umdenken bei den Anwendern. Früher hatte ein Unternehmen ein zentrales E-Mail-System, dessen Aufgabe war es, Mails an die Arbeitsplätze zu liefern. Saß ein Mitarbeiter nicht am Arbeitsplatz, hat er seine Mails womöglich erst Stunden oder vielleicht Tage später erhalten. Die neuen Technologien – gleichgültig ob wir über Client- oder Cloud-Lösungen sprechen – eröffnen den Prozessverantwortlichen ganz grundsätzlich die Möglichkeit, die Mitarbeiter an jedem Ort und zu jeder Zeit in die E-Mail-basierten Prozesse einzubinden. Unserer Meinung nach ist ein Mix der Technologien entscheidend – und das bieten wir auch unseren Kunden an. Wir geben den Verantwortlichen die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter mit dem Gerät – oder den Geräten – an die Mailsysteme anzubinden, mit denen sie arbeiten. So erhält die Buchhaltung die Mails typischer Weise auf den Client, der Außendienst liest seine Mails auf dem Smartphone oder dem Tablet. Die Geschäftsleitung loggt sich mit dem Notebook in die Mailarchive.
Rein Client- oder rein Server-seitige E-Mail-Archivierungen haben jeweils ihre Nachteile. Empfiehlt sich daher nicht in jedem Fall eine Hybrid-Lösung?
Woeste: Sprechen wir lieber von den Vorteilen: Jede Technologie hat ihre eigenen spezifischen Vorteile, die wir – oder unsere Partner – zu einer sehr guten, hochmodernen Lösung verbinden. Aber in den meisten Fällen sind es tatsächlich Hybridlösungen, die zum Einsatz kommen.
Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei dem steigenden Angebot für cloudbasiertes E-Mail-Management?
Woeste: Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Die Prozessverantwortlichen können ihre E-Mailsysteme so managen, dass die Mitarbeiter jederzeit und an jedem Ort E-Mails abrufen und Informationen erhalten. Gleichzeitig sind die Kosten häufig viel niedriger als bei klassischen Software-Lizenzierungen. Wir sehen ein sehr großes – grundsätzliches – Interesse unserer Kunden. Jedoch müssen alle Cloud-Anbieter sehr viel Überzeugungsarbeit leisten. Täglich sprechen wir mit Entscheidern über deren Skepsis und Vorbehalte gegenüber cloudbasierten Lösungen. Sie sind in einer schwierigen Situation: Viele haben über Jahre ihre E-Mail-Management-Systeme aufgebaut. Sie haben viel Mühe und viel Geld investiert, damit diese Lösungen den Sicherheitsstandards oder den Compliance-Vorgaben entsprechen. Jetzt haben sie Bedenken, dass sie mit einer Cloudlösungen wieder von vorne anfangen müssen. Das ist ein Grund, warum es jeder Anbieter, der mit cloudbasierten E-Mail-Management-Lösungen auf den Markt kommt, schwer haben wird.
Was wird bei der Implementierung einer E-Management-Lösung von Anwendern häufig unterschätzt?
Woeste: E-Mails sind allen Mitarbeitern seit vielen Jahren vertraut. Aber gerade deshalb sind einige Kunden überrascht, welche Komplexität sich hinter solch einem Projekt verbergen kann. Ich habe die wichtigsten Faktoren bereits genannt: Das E-Mail-Management soll das Risiko begrenzen, Mails zu verlieren oder falsch abzulegen. Die Entscheider erwarten, dass das System eine ungeheure Flut an Nachrichten automatisiert in den Griff bekommt. Und sie wollen, dass die Geschäftsprozesse schnellstmöglich laufen. Das bedeutet: das richtige Zustellen der richtigen Mail an den richtigen Empfänger am richtigen Ort und der punktgenaue Versand einer Antwortmail. Das sind komplexe Anforderungen und jede Komplexität geht mit einem gewissen Schulungsaufwand einher. Denn das neue System wird Abläufe verändern, Prozesse beschleunigen, insgesamt auch die Sorgfalt erhöhen, mit der die Kollegen arbeiten. Ich denke nicht, dass unsere Anwender wichtige Punkte bei der Implementierung unterschätzen. Aber es gibt einen gewissen Beratungsaufwand, um die Kunden bei der richtigen Gewichtung der verschiedenen Prozessschritte zu unterstützen.
Welche Sicherheitsmaßnahmen sind bei der Implementierung einer E-Mail-Management-Lösung besonders zu beachten?
Woeste: Grundsätzlich sind sämtliche Sicherheitsmaßnahmen besonders zu beachten. Denn wir sprechen über geschäftskritische Prozesse, von deren Erfolg und Misserfolg das Überleben eines Unternehmens abhängig ist. Wir wissen alle, dass jede Kette nur so stark ist, wie ihr schwächstes Glied. Es gibt selbstverständlich Compliance-Bestimmungen, gesetzliche Vorgaben, DIN-Vorgaben, die alle Unternehmen gleichermaßen erfüllen müssen. Die Umsetzung dieser Vorgaben sind grundlegend für alle E-Mail-Management-Systeme, ohne sie kann kein Anbieter am Markt bestehen. Aber darüber hinaus beobachten wir, dass Unternehmen – und auch Abteilungen – ihre Sicherheitsanforderungen sehr unterschiedlich definieren. Die Kreditorenabteilung erwartet andere Sicherheits- oder Archivierungsoptionen als die Rechtsabteilung oder sagen wir die Ingenieure. Die optimale E-Mail-Management-Lösung ist über das gesamte Unternehmen ausgerollt. Sie arbeitet dann mit der höchsten Sicherheit und Effizienz, wenn alle Abteilungen sie nutzen. Die wichtigste Sicherheitsmaßnahme ist also, dass wir alle denkbaren Maßnahmen liefern oder einbinden.
Die E-Mail konkurriert mit vielen weiteren elektronischen Nachrichtensystemen wie sozialen Netzwerken, E-Postbrief, De-Mail und Twitter. Welche Konsequenzen hat dies für E-Mail-Management-Systeme?
Woeste: Aus unserer Sicht konkurrieren die hier angesprochenen Nachrichtensysteme nicht direkt miteinander. Aber die Anwender erwarten, dass jeder Anbieter an seiner aktuellen Lösung arbeitet, sie vorantreibt und auch die neusten und aktuellsten elektronischen Nachrichtensysteme mit in sein Produkt integriert. Aus unserer Sicht sind die Social-Media-Kanäle für sich zu betrachten. Hier findet zwar ein Austausch von Informationen statt, die Nutzer kommen jedoch deutlich stärker aus dem privaten Bereich als bei Mails.
Was passiert, wenn überalterte E-Mail-Management-Lösungen installiert sind?
Woeste: Es kann natürlich sein, dass ein Prozessverantwortlicher feststellt, dass seine E-Mail-Management-Lösung die oben genannten Faktoren nicht erfüllt. Er sollte dann prüfen, ob er mit einem neuen und moderneren System bessere Ergebnisse erzielen kann – bei der Risikobegrenzung, beim Organisieren und Managen der Mails, sowie bei der Beschleunigung seiner Prozesse. Häufig kann er mit neuen Technologien und den damit verbundenen neuen Lizenz- oder Abrechnungsmodellen sowohl Kosten sparen, wie auch die Leistungsfähigkeit der gesamten E-Mail-Verarbeitung um einige Qualitätsstufen erhöhen.
Welche Anforderungen muss ein E-Mail-Management-System in jedem Fall erfüllen?
Woeste: Die Erwartung an ein E-Mail-Management-System ist, dass es Geschäftsprozesse auslöst, sie begleitet, sie abschließt und dokumentiert. Daraus ergeben sich für jeden Schritt eine Zahl von Anforderungen, die das System abdecken sollte.
Die wichtigsten sind: sichere Annahme der Mails und deren Weiterleitung in definierte Workflows; automatisches Erkennen, Sortieren und Extrahieren der Informationen; automatisches Erkennen und Verarbeiten möglichst aller angehängten Dateien – unabhängig von deren Format oder Ursprung; revisionssichere Archivierung; Erfüllen aller gesetzlichen Bestimmungen und aller Compliance-Vorgaben; Sicherheit auf Dokumentenebene – ausschließlich die berechtigten Anwender können Dokumente sehen, lesen und bearbeiten; bestmögliche Recherche und schnellstmögliches Retrieval von Dokumenten; vollständige Vernichtung von abgelaufenen E-Mails und Anhängen; Protokollierung jeder Aktion innerhalb des Systems; Zugang für die Prüfung durch Sachverständige oder Behörden; Verlinken der E-Mails mit dem jeweiligen Geschäftsprozessen und den entsprechenden Entscheidungen und Vereinbarungen.