ECM-ERP-Interview mit M-Files und Partnerunternehmen
Da sich die ERP-Lösungen in ihren Integrationsmöglichkeiten teils deutlich unterscheiden, ist M-Files die Einbeziehung von Partnern wichtig. Daher antwortet nicht nur Heike Xander, Customer Success Manager von M-Files auf unsere Fragen, sondern auch Andreas Blom, Vertrieb ECM von TSO-DATA, die ERP-Integrationen für »M-Files« mit »Microsoft MS Dynamics 365 Business Central / NAV« bieten, Jukka Teuffer, Geschäftsleiter Deutschschweiz, OneSolutions, die ERP-Integrationen für M-Files mit diversen Schweizer ERP-Lösungen wie »Sage Start«, »50«, »200«, »X3« sowie »Abacus« realisieren sowie Stephan Bischof, Chief Sales Officer, FAIGLE SOLUTIONS, die ebenfalls ERP-Integrationen für M-Files mit Abacus bieten.
Welche Schnittstellen und Möglichkeiten gibt es für die Integration von ECM- und ERP-Systemen?
Xander: Wir bieten als ECM-Hersteller allgemein nutzbare Integrationsschnittstellen wie unter anderem unsere REST-API und unterstützen zusätzlich gemeinsam mit unseren Implementierungspartnern ein breites Spektrum an Integrationen über dedizierte Schnittstellen zur ERP-Anbindung. Bei SAP ECC und S/4 Hana sind dies die wohlbekannten Standard-Schnittstellen SAP ArchiveLink und SAP ILM, aber auch bei SAP erfolgen Integrationen anforderungsbedingt beispielsweise über Webservices.
Blom: Grob kann man drei Arten unterscheiden: Erstens, ein routinemäßiger CSV-Export von Daten und Dateien, die auf dem File Server abgelegt werden und vom DMS automatisch wieder eingelesen werden. Als Problem sehen wir hier, dass es eine unidirektionale Schnittstelle ist und ein zeitlicher Verzug bei der Aktualisierung von Daten entsteht. Zweitens, die Anbindung der Datenbank des ERP-Systems via ODBC. Hier ist das Problem, dass nur Daten ausgetauscht werden können und keine Dateien – sprich Dokumente. Zudem ist keine Authentifizierung möglich, daher erlauben immer weniger ERP-Systeme diesen Zugriff. Als dritte Möglichkeit kann die Anbindung via Schnittstelle – meist REST API – erfolgen wie bei unserem »DMS Connector für MS Dynamics 365 Business Central / NAV«. Dann erhält man einen vollständigen, bidirektionalen Austausch von Daten und Dateien mit höchster Sicherheit durch Verschlüsselung und Authentifizierung.
Bischof: Wir nutzen die Rest-API für allgemeine Anbindungen oder im Fall von Abacus auch den DMS-Connector, der unter anderem die automatische Auslagerung von Dokumenten unterstützt. In Ausnahmefällen kommen auch SOAP- und ODBC-Lösungen zum Einsatz, aber diese sind eher veraltet.
Teuffer: Unser Connector unterstützt API- und REST-API-Schnittstellen, ODBC-Verbindungen sowie Datei-Importe. Dies ermöglicht es uns, die beste Lösung für jedes Projekt zu wählen, basierend auf dem ERP und den Bedürfnissen des Kunden. Unser Connector ist nicht einfach eine Verbindung zwischen zwei Programmen, sondern verbindet M-Files und Sage mit Insiders Technology zur automatischen Inhaltserkennung mittels KI.
Für welche Anwendungen ist eine Integration von ECM und ERP sinnvoll?
Xander: Eine Integration der beiden Systeme ist eigentlich immer sinnvoll. Der Anwender möchte Stammdaten nicht doppelt pflegen und Dokumente und deren Prozesse lassen sich in M-Files meist einfacher als in einem ERP-System abbilden. Zudem kann M-Files dem Nutzer eine kontextgetriebene 360-Grad-Sicht auf viele Informationen aus unterschiedlichen Quellen bieten, die im ERP-System nicht gebildet werden kann. Die Verwaltung von Dokumenten gewinnt durch die Integration mit strukturierten Daten aus dem ERP. Durch die Integration entsteht also Mehrwert in beide Richtungen.
Digitale Geschäftsprozesse erfordern tiefere Integration
Wann macht welche Integrationstiefe für den Anwender Sinn?
Bischof: Grundsätzlich sollten die Anforderungen die Lösung bestimmen, wobei im Prinzip jeder Datenaustausch möglich ist. Wenn das DMS/ECM das treibende System ist, können praktisch alle Informationen ausgetauscht werden. Wenn Abacus das treibende System ist und im Wesentlichen die Auslagerung von Dokumenten aus Abacus mit Blick auf die Revision gefordert ist, kommt der DMS Connector zum Einsatz, limitiert dann aber die Funktionsbreite.
Teuffer: Dies hängt vor allem von den Workflows des Kunden ab. Optimal ist eine Schnittstelle, die direkt mit dem ERP in beide Richtungen kommuniziert. Da M-Files eine sehr flexible Lösung ist, lässt sich die Integration des Gesamtsystems sehr individuell an den Kunden anpassen. Somit spielt es keine Rolle mehr, wo ein Dokument oder ein Datensatz gespeichert ist. M-Files bringt die verschiedenen Datensilos zusammen und ermöglicht eine einheitliche Verwaltung aller geschäftsrelevanten Daten.
Blom: Eine tiefe Integration zwischen ERP und DMS macht dann Sinn, wenn beide Systeme Teil eines Arbeitsprozesses sind und Informationen aus beiden Systemen parallel benötigt werden. Die Anforderungen an die Integration nehmen zu, wenn diese Prozesse häufig wiederholt werden müssen. Arbeite ich beispielsweise im Vertriebsinnendienst und mein Job besteht darin, Angebote und Aufträge zu verarbeiten, macht eine tiefe Integration Sinn, da ich meine Angebote und Aufträge im ERP-System schreiben muss, aber die Archivierung im DMS erfolgen sollte, um den regulatorischen Pflichten nachzukommen. Ohne Schnittstelle sind die Belege manuell zu archivieren. Umso mehr Angebote und Aufträge am Tag zu verarbeiten sind, desto mehr macht die Automatisierung der Verarbeitung von eingehenden und selbst erstellten Belegen über eine Schnittstelle Sinn. Der M-Files DMS Connector für Dynamics übernimmt diese Aufgaben und schafft so eine deutliche Zeitersparnis und höhere Datenqualität bei der täglichen Arbeit.
Lassen sich die gängigen ERP-und ECM-Systeme gleich gut integrieren?
Xander: Wir bieten gemeinsam mit unseren Partnern weltweit sicher mehr als zwei Dutzend fertige Integrationen von M-Files zu CRM- und ERP-Lösungen an. Zusätzlich besteht dann auch immer die Möglichkeit einer individuellen Kopplung über etablierte Schnittstellen wie die REST-API. Allerdings unterscheiden sich auch die ERP-Lösungen in ihren Möglichkeiten. Im Prinzip sollte die Integration aber kein Problem darstellen und über die Art und Weise sollte der Anwendungsfall entscheiden. Uns ist es daher wichtig, Lösungspartner einzubeziehen, die die entsprechenden ERP-Lösungen umfassend kennen, damit ein Maximum an Nutzen generiert werden kann.
Wovon hängt eine gute Integration ab?
Teuffer: Vom tiefen Verständnis der Kundenbedürfnisse, einer genauen Beschreibung der Workflows und der gemeinsamen Auswahl der optimalen Schnittstellen.
Blom: Eine gute Integration hängt davon, dass sie flexibel ohne Programmierkenntnisse einrichtbar ist. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Feinheiten bei der Durchführung von Arbeitsprozessen. Eine gute Schnittstelle ermöglicht es, diese Feinheiten jederzeit einrichten zu können ohne sie aufwendig programmieren zu müssen. Unser M-Files DMS Connector für Dynamics wird für die primären Prozesse beziehungsweise Anforderungen durch den geschulten Kunden selbst oder durch einen Consultant eingerichtet. Ein Entwickler wird nur für spezielle Anforderungen benötigt. Das reduziert die laufenden Supportkosten für den Kunden.
Bischof: Von einer klaren Anforderungsspezifikation, dem Lösungsanbieter und den technisch-applikatorischen Möglichkeiten.
ECM-ERP-Integration in der Cloud
Wie gut funktioniert die ECM-ERP-Integration in der Cloud? Wie tief kann eine Integration gehen, wenn der Kunde eine Multi-Tenant-Infrastruktur in einer Public Cloud wünscht?
Xander: Wir als ECM-Hersteller sind eine SaaS-Company und bieten somit auch M-Files in jeglicher Ausbaustufe On-Premises, hybrid oder als reinen Cloud-Service an. Durch eine einheitliche Lizenzierung können unsere Kunden jederzeit und in jedem Umfang zwischen den Modellen wechseln, ohne sich Gedanken über die Lizenzen machen zu müssen.
Bischof: Wir sehen hier keine Einschränkungen in der Anbindung. Der Faigle-Connector für Abacus beinhaltet die Cloud-Anbindung.
Blom: Die Integration in Cloud-Szenarien funktioniert sehr gut. Mit der Einführung des »Microsoft AppSource« stellt Microsoft für Business Central sicher, dass nur validierte Apps für alle Kunden auf der Plattform zur Verfügung stehen. Das heißt ein Business-Central-Kunde kann sich im Appsource die verfügbaren Apps anschauen und kann diese ganz einfach in seinem Tenant installieren. Zudem forciert Microsoft Anwendungen beziehungsweise Installationsassistenten, die Kunden bei der Ersteinrichtung unterstützen. Dadurch wird der Installations- und Freischaltungsprozess massiv beschleunigt und vereinfacht. Der DMS Connector für Dynamics Business Central Online für M-Files ist so eine validierte App im AppSource. Sie unterstützt eine Anbindung von M-Files bei der On-Premises -, Cloud-, Public Cloud- oder bei der hybriden Bereitstellung.
Teuffer: Was Sage anbelangt konzentrieren wir uns zurzeit auf On-Premise- oder Private-Cloud-Integrationen. Die Public Cloud von Sage Schweiz erlaubt bis jetzt keine Integration von Drittanbieter-Software, allerdings geht die Entwicklung von Sage in Richtung Öffnung. Andere Anbieter wie zum Beispiel Abacus ermöglichen bereits heute die nahtlose Anbindung deren Cloud-Infrastruktur an M-Files.
Wie sieht Ihre ECM-ERP-Integrationsstrategie aus?
Xander: Abhängig vom Anwendungsfall und den Umsystemen empfehlen wir wahlweise einen Standard-Connector von unseren Partnern oder von uns oder eine individuelle Anbindung über etablierte Integrationsverfahren wie REST. Wichtig ist aber immer der individuelle Anwendungsfall. Früher ging es vor allem um die vergleichsweise einfache Archivierung von Dokumenten und Belegen. Heute sind Entscheidungsprozesse immer stärker von einer Vielzahl an Informationen aus unterschiedlichsten Quellen abhängig, die im richtigen Kontext zusammengebracht werden müssen. Das ist die Kernkompetenz von führenden ECM-Systemen oder Content-Services-Plattformen wie M-Files. Deshalb sind die Anforderungen an eine Integration heute auch deutlich komplexer und gehen oft über das hinaus, was ERP-Anbieter in ihren Standard-DMS-Schnittstellen angedacht haben. Deshalb binden wir unsere Partner mit ein, weil sie beide Welten perfekt kennen.
ECM- und ERP-Lizenzkosten für gekoppelte ECM-ERP-Prozesse
Findet eine Integration zwischen ECM und ERP statt, bedeutet das für die Anwender unter Umständen höhere Lizenzkosten, da beide Systeme von mehr Anwendern benutzt werden. Lassen sich die Lizenzmehrkosten minimieren?
Xander: : Aus unserer Sicht geht es weniger um die Einsparung von Lizenzkosten, sondern darum, dass Nutzer nicht ständig zwischen x Anwendungen hin und her springen müssen. In M-Files bringen wir Daten und Prozesse aus unterschiedlichen Quellen zusammen und bieten sie über unsere Embedded-UI-Frontends auch in dritten Anwendungen an. Egal ob er mit unseren Add-Ins in Microsoft Teams, in Salesforce oder mit den M-Files Clients arbeitet, er hat immer die gleichen Dokumente, Prozesse und Komfort.
Blom: Die Entwicklung und laufenden Optimierung einer Schnittstelle bedeutet Aufwand für den Hersteller, die in einer Lizenzgebühr eingepreist wird. Daher lassen sich die Lizenzgebühren nicht minimieren, aber dafür die Opportunitätskosten, denn in dem Moment, in der die Schnittstelle stupide und oder aufwendige Prozessschritte übernimmt, hat der Mitarbeiter mehr Zeit für seine eigentliche Arbeit. Eine gute Integration führt zu einer Zeit- und Kostenersparnis für das ganze Unternehmen und erhöht die Datenqualität im ERP- und DMS-System.
Bischof: Da die M-Files und Abacus unterschiedlichen Lizenzmodellen und Anbietern unterliegen, sehen wir hier keine unmittelbaren Möglichkeiten. Der Abacus DMS-Connector muss pro Tenant lizenziert werden. Der Faigle-Connector kann grundsätzlich für alle Tenants mit einer Lizenz genutzt werden.
Wann sollte das ECM- und wann das ERP-System die führende Rolle übernehmen?
Xander: Für alle Prozesse die nativ in ERP angesiedelt sind, sollte das ERP-System die führende Rolle übernehmen. Wenn es aber um eine 360-Grad-Sicht auf einen Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter oder ähnliches geht, steht M-Files im Vordergrund.
Bischof: Dies ist abhängig vom Business Case beziehungsweise den zugehörigen Anforderungen. Die zentrale Frage ist dabei, wo die Dokumenten-Daten entstehen. Dies ist dann meist das »Leading System«.
Teuffer: Welches System führend ist, hängt vom Kunden und seinen Prozessen ab. Oft hat der Kunde bereits ein laufendes System, das mit einem ECM angereichert werden soll. In diesem Fall ist es meist das bestehende System, das die Rolle des führenden Systems übernimmt.
Blom: Als Implementierungspartner für DMS- und ERP-Systeme kennt die TSO-Data beide Welten sehr gut und sieht daher die primäre Rolle beim ERP-System, da die Datenhoheit in der Regel dem ERP-System obliegt. Stammdaten werden im Normalfall im ERP-System generiert und dann für die Verschlagwortung und Archivierung von Dokumenten zur Verfügung gestellt. Es gibt allerdings Prozesse, in dem aus dem eingehenden Dokumenten Informationen zunächst im DMS-System erfasst werden, die Prozesse im ERP-System anstoßen. Dann ist eine bidirektionale Schnittstelle sinnvoll.