Gartner legt Studie zum Markt für Content Services Platforms vor
Das Marktforschungsunternehmen Gartner hat eine neue Auflage seines Magic Quadrant für Content Services Platforms (CSPs) vorgelegt. Darin werden Anbieter aus dem Bereich Enterprise Content Management (ECM) besprochen. Die Untersuchung erscheint das dritte Mal unter diesem Namen, sie ging 2017 aus dem Magic Quadrant for Enterprise Content Management hervor. Und die Gartner-Analysten erwarten weitere Veränderungen des Marktes. Schon 2022 setzt ihrer Prognose zufolge jedes fünfte Unternehmen stärker auf Content Services, die sich aus einer Content Collaboration Platform (CCP) entwickelt haben, als auf eine herkömmliche Content Services Platform. Die derzeit hohe Wachstumsrate im Bereich CCP von 34 Prozent pro Jahr schwäche sich dann jedoch ab und gleiche sich der des CSP-Marktes an, die bei acht Prozent liegt.
Gartners Definition von Content Services Platforms
Inhalt dieses Artikels
Unter einer CSP versteht Gartner eine integrierte Produktsuite, die mehrere Services und Microservices umfasst, die sich Schnittstellen und Repositories teilen, so dass sich in Unternehmen ganz unterschiedliche digitale Inhalte auf unterschiedliche Art und Weise nutzen lassen. Technisch müssen die von Gartner als CSP bezeichneten Lösungen sowohl Inhalte digital erfassen, als auch mit den zugehörigen Metadaten verwalten und für User nutzbar machen können. Außerdem muss es möglich sein, digitalisierte Geschäftsprozesse und digitale Arbeitsplätze durch Business Process Management zu unterstützen.
Damit ein Anbieter in der Marktübersicht berücksichtigt wird, verlangt Gartner jedoch auch die Präsenz in mindestens zwei Weltregionen sowie einen Umsatz von mindestens 20 Millionen Dollar oder ein Umsatzwachstum von wenigstens 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Außerdem muss ein eigenständig nutzbares Produkt oder ein abgeschlossener Service verfügbar sein. Die Funktionen lediglich als Teil einer breiteren Suite anzubieten, reicht nicht.
Abgänge im Vergleich zum Vorjahr
2019 erfüllten diese Kriterien 18 Unternehmen. Im Vergleich zum Vorjahr fehlen Fabasoft, GRM Information Management und Oracle. Fabasoft erfüllte 2019 die Aufnahmekriterien bei Umsatz respektive Wachstum nicht. GRM Information Management hat sein Geschäft in China abgestoßen und ist nur noch in Amerika aktiv. Damit fällt es aufgrund der mangelnden geographischen Präsenz aus der Studie heraus.
Oracle ereilte dieses Schicksal aufgrund der Neuausrichtung seiner Strategie für das Segment CSP. Das Unternehmen fokussiert sich derzeit auf die Content and Experience Cloud, die hauptsächlich auf B2C-Einsatzszenarien ausgelegt ist und in der Regel mit einem Web Content Management verknüpft ist. Sein On-Premise-CSP-Produkt, WebCenter Content, bietet Oracle Neukunden nicht mehr aktiv an. Daher ist es aus Sicht von Gartner nicht mehr mit einem strategischen CSP-Produkt am Markt vertreten.
Zugänge im Vergleich zum Vorjahr
2019 hinzugekommen sind AODocs, iManage und NetDocuments. Alle drei sind US-amerikanische Firmen, haben jedoch auch schon in Europa Kunden gewonnen. AO Docs wurde neu aufgenommen, weil es seinen Marktanteil entsprechend ausbauen konnte und sich mit seinen Angeboten so aufgestellt hat, dass es voraussichtlich die Erwartungen von Gartner an die weitere Entwicklung und die wachsende Bedeutung von SaaS/PaaS-Angeboten erfüllen kann.
iManage und Netdocuments sind aufgeführt, weil sie sich beide aus der bislang besetzten Nische im Rechtswesen herausentwickelt haben und Gartner überzeugen konnten, dass sie auch in anderen Marktsegmenten erfolgreich sein können.
Wichtige Veränderungen im CSP-Markt
Doch auch bei den weiterhin vertretenen Unternehmen gab es einige interessante Veränderungen. Im Leaders-Quadranten sind Hyland, IBM und Microsoft deutlich näher an OpenText herangerückt beziehungsweise übertreffen es in Teilaspekten sogar. Außerdem hat sich Box dieses Jahr in die Gruppe derjenigen vorgeschoben, die aus Sicht von Gartner alle Anforderungen mit Leichtigkeit erfüllen.
Die Verfolgergruppe aus Alfresco, Laserfiche, dem indischen Unternehmen Newgen und der deutschen SER ist einerseits ebenfalls enger zusammengerückt, hat andererseits aber auch als Gruppe insgesamt weiter zum Leaders-Quadranten aufgeschlossen. Allen vier ist zuzutrauen, dass sie im kommenden Jahr den verbliebenen, sehr kleinen Abstand überwinden und vom Challengers- in den Leaders-Quadranten wechseln. Aus anderer Richtung, aus dem Visionaries-Quadranten, nähern sich diesem Ziel M-Files und Nuxeo.
Die deutschen CSP-Vertreter DocuWare und SER
Der Bonner Hersteller SER verbesserte sich mit seiner Lösung »Doxis4« in der Einschätzung der Gartner-Analysten bereits das dritte Mal innerhalb von drei Jahren. Zwar ist SER nach wie vor vor allem in Europa stark, es macht aber erkennbare Fortschritte in der Marktbearbeitung in Asien und Nordamerika. Aufgrund des Einstiegs des Finanzinvestors Carlyle Group bei SER Anfang 2019 steht nun jedoch mehr Kapital als früher zur Verfügung und könnte die Expansion in neue Märkte schneller vonstatten gehen als bisher.
Die Analysten sehen bei SER die gute Kombination von Rich Content Services, Federation und nativer AI als Stärken. Sie heben zudem hervor, dass sich in Doxis4 Content und Daten aus unterschiedlichen Quellen gut einbinden lassen. Auch die gut abgestimmten Branchenlösungen zum Beispiel für Banken und Energieversorger fanden das Gefallen der Analysten, denen aber auch die Ausgestaltung horizontaler Lösungen, etwa für das Beschwerdemanagement oder die Rechnungsbearbeitung zusagte.
Für Docuware ist die traditionelle Ausrichtung auf die Bedürfnisse kleiner und mittelständischer Unternehmen Vorteil und Bürde zugleich. Einerseits konnte sich das Unternehmen dadurch ein großes, gut entwickeltes Netzwerk lokaler Partner in Europa und Nordamerika aufbauen. Seine Kunden bedient es mit mittelstandsgerechten Preisen. Durch gut vorbereitete Komponenten für gängige Workflows, wie die Rechnungsbearbeitung, erlaubt es ihnen einen schnellen Einstieg in die Digitalisierung.
Andererseits fehlt Docuware aus Sicht der Gartner-Analysten der Zugang zu Großkunden. Das könnte sich nach dem Abschluss der Übernahme von DocuWare durch Ricoh nun ändern. Außerdem mangelt es den Produkten nach Einschätzung von Gartner an der Integration mit Fachanwendungen. Ebenfalls Nachholbedarf sehen die Analysten beim Funktionsumfang der für Android und iOS angebotenen Apps. Gut finden sie dagegen, dass Kunden aufgrund der Funktionsgleichheit der On-Premise-und der SaaS-Variante echte Wahlfreiheit haben.
Eine angepasste Variante des Gartner-Berichts zum Magic Quadrant bieten einige der darin aufgeführten Hersteller nach einer Registrierung kostenlos zum Download an. Erhältlich ist er auf diese Weise unter anderem auf der Webseite von M-Files, bei SER und von Nuxeo.