Trends 2023 im Bereich von DMS, ECM, CSP und EIM
Systeme für das Dokumenten- und Enterprise-Content-Management bilden in Unternehmen den Grundstock der Digitalisierung und können weit mehr sein als ein digitales Archiv. Durch sie werden Prozesse effizienter, schneller und tragen damit auch aktiv zum Ertrag des Unternehmens bei. Technologien wie KI, RPA, Low-Code-Programmierung und digitale Signaturen ebnen hierfür 2023 den Weg.
Enterprise-Content-Management-Systeme sind Basis der Digitalisierung
Inhalt dieses Artikels
Um die Zukunft von Dokumenten- beziehungsweise Enterprise Content Management steht es gut. Schließlich gelten die Systeme, die auch unter (Enterprise) Information Management (E)IM beziehungsweise Content Services Plattformen (CSP) laufen, als Dreh- und Angelpunkte für digitalisierte Geschäftsprozesse. Wie sich die Bezeichnungen der Lösungen zum Teil wandeln, so verändern und erweitern sich ihre Rollen und Aufgaben. »Die Werthaltigkeit eines DMS/ECM liegt künftig nicht mehr im »Dokumentenmanagement«. Der wahre Wert liegt in den automatisierbaren Prozessen, im und zwischen Unternehmen«, erläutert Jens Büscher, Gründer und CEO des deutschen ECM-Herstellers Amagno.
Lange galt das digitale Archiv als geläufige Standard-Komponente von DMS/ECM-Systemen, um Unterlagen und Verträge revisionssicher und datenschutzkonform zu speichern und bei Bedarf zuverlässig aufzufinden. Diese Eigenschaften bleiben erhalten, jedoch werden zukünftig zusätzliche Potenziale in den Vordergrund treten. »Denn: in den im Archiv abgelegten und vernetzten Informationen steckt echtes Wissen – und damit ein noch vielfach ungenutzter Datenschatz«, so die Meinung von Andreas Zipser, CEO von Easy Software. Damit werde das Archiv der Zukunft zum zentralen Daten-Wissens-Hub, der als Single Point of Truth (SPoT) Einblicke in Zusammenhänge und Strukturen liefere. Das ermöglicht nicht nur die Optimierung von internen Workflows, sondern auch abteilungsübergreifende Synergien, da sich Verbindungen mit anderen Dritt-Systemen wie ERP- und CRM-Tools nutzen lassen.
Möglichkeiten von ECM-Lösungen sind Mittelstand oft fremd
Wichtig ist, die Bedeutung den Verantwortlichen in den Unternehmen und Organisationen klar zu machen. Gerade im Mittelstand ist dieses ECM-Verständnis vielen noch nicht bewusst. In einer aktuellen Studie stellt n-komm beispielsweise fest, dass für knapp die Hälfte der befragten Mittelständler ECM ein Konzept darstellt, das ihnen vertraut ist, 31 Prozent haben sich mit dem Thema ECM im Unternehmen beschäftigt. Für Alexander Kühn, Geschäftsführer von n-komm ist es »eigentlich erschreckend zu sehen, wie wenig sich der deutsche Mittelstand noch mit dem Thema ECM auseinandergesetzt hat. Wir sehen ECM als Herzstück der Digitalisierung an, als Mittelpunkt, auf dem man intern seine Prozesse aufsetzen kann.« Durch ECM werden Prozesse effizienter, schneller und tragen damit auch aktiv zum Ertrag des Unternehmens bei.
ECM-Lösungen mit Workflow-Möglichkeiten gefragt
Um dies zu schaffen, haben sich die ECM-Systeme in den letzten Jahren bereits erheblich verändert und werden diese Entwicklungen auch im kommenden Jahr weiter treiben. So sind Lösungen workflow-orientierter und deutlich schneller nutzbar geworden, was unter anderem an der Cloud-Bereitstellung, spezifischen Fach- und Standardlösungen und neuen Technologien wie Künstlicher Intelligenz, Robotic Process Automation (RPA) und Low-Code-Programmierung liegt. »Digitalisierung bedeutet, Unternehmensprozesse von Anfang bis Ende in ihrer Gesamtheit abzubilden. Dafür braucht es Standardlösungen, etwa für die Eingangsrechnungsverarbeitung, das Vertragsmanagement oder die E-Mail-Archivierung, die auf die jeweiligen spezifischen Anforderungen eines Prozesses ausgelegt sind«, so Michele Barbato, Abteilungsleiter Produktmanagement bei Ceyoniq Technology. »Die Zukunft im ECM-Umfeld gehört fertigen Lösungen, die schnell installiert werden können, keine langen Projektlaufzeiten benötigen und in der Gesamtdigitalisierung eines Unternehmens eingesetzt werden können.«
Gegenwärtige Krisen meistern
Mit solchen Lösungen, die automatisierte Geschäftsprozesse ermöglichen, lässt sich auch den gegenwärtigen Herausforderungen begegnen, wie Heinz Wietfeld, Director bei Hyland, darlegt: »Inflation, Rezession und geopolitische Instabilität bedeuten aktuell enorme Stressfaktoren für Unternehmen. In dieser angespannten Wirtschaftslage, in der Unternehmen zudem mit den Nachwehen einer globalen Pandemie und veränderten Arbeitsbedingungen zu kämpfen haben, wird die durchgängige Automatisierung von Geschäftsprozessen zu einem Schlüsselfaktor, um den Return on Investment (ROI) von Unternehmen zu steigern und die Total Cost of Operation so gering wie möglich zu halten.« Die aktuelle Wirtschaftslage fordere von Unternehmen »mehr mit weniger zu schaffen«, wozu es einen intelligenten Einsatz wohlorchestrierter Automatisierungslösungen brauche.
Um die Automatisierung voranzutreiben, hat beispielsweise DocuWare sein Portfolio kürzlich um Integration-Platform-as-a-Service- (iPaaS-) Konnektoren unter anderem auf Make-Basis erweitert. So können Anwenderinnen und Anwender der ECM-Lösung »DocuWare Cloud« Daten mit weiteren cloudbasierten Anwendungen wie ERP-, CRM- und FiBu-Systemen austauschen. Verbindungen zwischen den Anwendungen sind vor allem gefragt, um applikationsübergreifende Workflows beispielsweise bei der Rechnungsverarbeitung zu ermöglichen. Neben der Synchronisation von Buchungsdaten geht es häufig auch um den Abgleich von Stammdaten und den Abgleich von Bestellanforderungen. »Die Integration eines DMS mit anderen Business-Anwendungen auf iPaaS-Plattformen wie Make sorgt für automatisierte Workflows zwischen verschiedenen Cloud-Anwendungen und einen konsistenten Datenbestand im gesamten Unternehmen. Durch Drag-and-Drop kann der eigene Use Case unkompliziert erstellt werden, was es besonders zeit- und kosteneffizient macht«, erklärt Max Ertl, President Docuware.
Digitale Signaturen vermeiden Medienbruch
Um Geschäftsprozesse durchgängig digital und medienbruchfrei gestalten zu können, ist häufig der Einsatz digitaler Signaturen gefragt. Sie verhindern, dass Dokumente ausgedruckt, händisch unterschrieben und wieder eingescannt werden müssen, um sie elektronisch weiterzuverarbeiten. Ihr Einsatz hat durch den pandemiebedingten Home-Office-Trend einen kräftigen Schub erhalten. Immer mehr DMS- und ECM-Hersteller wie Kendox, M-Files und Triumph Adler betten verschiedenste E-Signaturlösungen in ihre Plattformen ein. »Elektronische Signaturprozesse haben ihren Ursprung oft im DMS, da dort in der Regel das zu signierende Dokument im Verbund mit einem Workflow liegt. Deswegen ist es eine logische Schlussfolgerung, die beiden Systeme miteinander zu verbinden«, betont Didier Hunn, Vertriebsleiter Schweiz der Kendox AG. Wie die Entwicklung rund um E-Signaturen und Vertragsmanagement weitergeht, beleuchten wir ausführlich in einem Online Special zu Beginn des neuen Jahres.
Fünf Haupttrends 2023 im Dokumentenmanagement und Enterprise Content Management
1. Cloud-Lösungen und -Nutzung nehmen zu: Viele Cloud-ECM-Anbieter wie Amagno, Docuware und d.velop verzeichnen hier überproportionale Zuwachsraten
2. Digitale Signaturlösungen: E-Signaturlösungen von Adobe, DocuSign und zahlreichen weiteren Anbietern werden in DMS- und ECM-Systeme eingebettet
3. Prozessorientierung: DMS- und ECM-Lösungen ermöglichen durch Workflow-Funktionen sowie schnell nutzbaren und flexiblen Standard-Lösungen automatisierte elektronische Prozesse
4. KI, RPA und Low-Code-Technologien: Künstliche Intelligenz, Robotic Process Automation und Low-Code-Technologien sorgen durch automatische Datenerkennung und –verarbeitung für mehr Automatisierung.
5. Unterstützung von P2P-Prozessen: Nach der Digitalisierung des Rechnungseingangs kommt es zu einer durchgängigen Digitalisierung der gesamten Purchase-to-Pay-Prozesse, da unter anderem Einkaufsabteilungen unter starkem Druck stehen.
Damit medienbruchfreie, reibungslose und zuverlässige Prozesse vonstattengehen können, müssen sich ECM-Anwendungen auch nahtlos in Drittsysteme integrieren lassen. »Dann entstehen abteilungsübergreifende Prozesse, im Zuge derer dennoch alle Beteiligten weiter in ihrer gewohnten Umgebung arbeiten können. So kann beispielsweise der Einkauf für eine reibungslose und zeitsparende Prüfung von Eingangsrechnungen auf die Stammdaten aus dem ERP zugreifen, die Buchhaltung wiederum bezieht Buchungsvorschläge aus dem ECM«, beschreibt Barbato.
Purchase-to-Pay-Prozesse rücken in Fokus
Dass gerade der Einkauf vor einem schwierigen Jahr steht, meint Zipser: »Die hohe Inflationsrate lässt die Kaufkraft von Budgets schmelzen, die Supply Chain steckt weiter in der Krise und die Auftragslage bleibt unsicher. Gleichzeitig wächst der Druck auf Unternehmen, ihr Lieferantenökosystem neu aufzustellen und Zulieferer verstärkt nach nachhaltigen Gesichtspunkten auszuwählen.« Nicht zuletzt das Inkrafttreten des neuen Lieferkettengesetzes (LkSG) im Januar 2023 zwingt Unternehmen, sich von ihrem Zuliefer-Netzwerk vertraglich versichern zu lassen, dass ökologische sowie soziale Standards erfüllt werden. In diesem Spannungsfeld entwickelt sich der Einkauf zum neuralgischen Punkt geschäftskritischer Entscheidungen. Um dieser Rolle gerecht zu werden, müssen sich die Einkaufs-Teams von aufwändigen Routineaufgaben befreien. Gefragt sind besonders durchgängig digitalisierte Purchase-to-Pay(P2P)-Prozesse. Elektronische Rechnungseingangsprozesse sind in zahlreichen Unternehmen bereits vorhanden und stellen für viele ECM-Anbieter ein gutes Geschäft dar. Doch die vorhandenen Lösungen gilt es weiter auszubauen. Ziel der Hersteller wie beispielsweise xSuite ist es, den gesamten P2P-Prozess abzudecken und den Automatisierungsgrad bei der Rechnungsverarbeitung zu erhöhen.
KI, RPA und NLP ermöglichen höheren Automatisierungsgrad
Steigern lässt sich die Automatisierung mittels verschiedener Technologien und Möglichkeiten, die in DMS- und ECM-Systeme integriert werden können, wie Zipser darlegt: »Der KI-Anteil in Dokumentenmanagementsystemen nimmt weiter zu. Intelligente Lösungen kommen dabei vor allem beim automatisierten Auslesen sowie beim Extrahieren relevanter Daten zum Einsatz. Bei standardisierten und repetitiven Abläufen finden sich zudem Robotic Process Automation (RPA) sowie im Kundenkontakt Chatbots, die Natural Language Processing (NLP) nutzen, um mit Anwendern zu kommunizieren.« Das volle Potential von KI-Technologien sei damit längst nicht ausgeschöpft. Je stärker sich das ECM/DMS in Richtung Archiv der Zukunft entwickelt, desto vielfältiger lassen sich die Daten für KI-Anwendungen nutzen. So könnten KI-Systeme zukünftig auf Basis von Angeboten und Rechnungen Benchmark-Analysen von Zulieferern erstellen, um in Echtzeit den optimalen Preis einer Ware zu ermitteln. Auch automatische Risikoanalysen hinsichtlich der Compliance von Zulieferern sind theoretisch denkbar.
Bereits 2021 hat ecoDMS KI-Technologie in sein gleichnamiges Dokumentenmanagement-System integriert. Damit können unterschiedliche Barcodes an beliebigen Positionen in einem Dokument erkannt und ausgelesen werden. Anhand der so gewonnenen Informationen lassen sich Dokumente automatisch indexieren und archivieren. In diesem Jahr will der Softwarehersteller die KI-Funktionalität innerhalb des Produktportfolios massiv ausweiten. Welche Gründe dahinterstecken, erklärt Thomas Uber, Business Unit Manager von Ecodms: »Heutzutage sind Dokumente als solche nicht mehr so relevant, sondern vielmehr die darin enthaltenen Informationen, auf deren Basis Unternehmen ihre Entscheidungen treffen. Diesen Weg – vom Dokument über die darin enthaltenen Informationen bis hin zur Entscheidung – wollen wir mit KI-Technologien unterstützen.« Konkret forciert Ecodms zunächst die Etablierung intelligenter Funktionen zur Dubletten-Erkennung und zur automatischen Dokumentenklassifizierung sowie die Entwicklung einer Scan-App.
Low-Code-Technik bringt Flexibilität
Zudem sorgen Low-Code-Technologien dafür, dass automatisierte und applikationsübergreifende elektronische Prozesse Realität werden. ECM-Hersteller können Low-Code-Tools bereitstellen, damit Anwenderinnen und Anwender in der Lage sind, ohne Programmierkenntnisse Workflows und andere Lösungen zu erstellen. Davon ist auch Ertl überzeugt: »Zu den größten Trends gehören No-Code und Low-Code Plattformen: DMS müssen möglichst einfach und ohne Programmieraufwand mit anderen Anwendungen integriert werden können. Dies ist in Anbetracht des akuten Fachkräftemangels, insbesondere in der IT, wichtiger denn je.« Auch Stand-alone bieten Low-Code-Plattformen wie vom Berliner Start-up Ninox die Möglichkeit, Dokumentenmanagement zu ermöglichen. So erstellen Kunden damit ganz individuelle DMS- und ECM-Lösungen oder binden bestehende DMS-/ECM-Systeme einfach an und erweitern sie entsprechend ihren Vorstellungen.
Doch neue Konkurrenz für klassische ECM-Hersteller lauert nicht nur hier, was zumindest Büscher recht sportlich sieht: »Neben den bekannten ECM-Playern im Markt erweitern neue Anbieter, wie Caya, Candis und weitere ihr Portfolio um klassische DMS-/ECM-Funktionalitäten und ergänzen die Anbieterlandschaft als frische Brise. Hier bleibt abzuwarten, wie Anwender sich zwischen den neuen, noch eher im Workflow geradlinigeren Lösungen oder funktionell sehr flexiblen modernen ECM-Anbietern, wie Amagno, d.velop und Docuware entscheiden.« Eines haben seiner Meinung nach aber alle gemeinsam: Die sehr offenen Schnittstellen zur Integration eines DMS/ECM in das Cloud-Ökosystem, um einen schnellen Datenaustausch zwischen jeglichen Applikationen zu gewährleisten.