Jahresrückblick auf »weiche« ECM-Themen 2018
Zu großen Übernahmen wie 2016 und 2017 als OpenText den EMC/Dell-Bereich und Hyland die Enterprise-Softwaresparte von Lexmark übernahm, ist es 2018 nicht gekommen. Es war eher das Jahr der kleinen Deals. Als Nachfolgeregelungen sind die beiden Beteiligungen durch Investoren von PINOVA Capital bei der WMD Group und Maxburg bei KGS zu werten. Im Sommer hat Pinova die Anteile der geschäftsführenden Gesellschafter und Firmengründer Andreas Karge und Albrecht Lüdemann übernommen, die die Leitung des Unternehmens abgegeben haben. Während sich Pinova eine Mehrheitsbeteiligung bei WMD sicherte, übernahm Maxburg 100 Prozent der Unternehmensanteile von Stephan Grau und Reiner Kraus. Grau und Kraus waren bis dato die Gesellschafter des Softwareanbieters für SAP-Archivierung und –Dokumentenmanagement KGS.
Mit dem Erwerb von weiteren 52 Prozent sicherte sich der ECM-Hersteller d.velop im Mai die Anteilsmehrheit (77, 6 Prozent) am eGovernment-Spezialist codia. Damit festigt Dvelop im Behördenbereich weiter seine Stellung. Generell stellt der öffentliche Sektor einen interessanten und lukrativen Markt für Digitalisierungsprojekte dar, da hier häufig Nachholbedarf besteht und auch gesetzliche Vorgaben wie die E-Rechnungs-Verordnung (E-RechV) entsprechende Umsetzungen fordern.
Bereits längere Zeit suchte angeblich die französische Spigraph-Gruppe für den Capture – und ECM-Integrator Alos einen Käufer, den sie mit KYOCERA im Juli dieses Jahres gefunden hat. Dadurch hat Kyocera in Deutschland und der Schweiz 85 Mitarbeiter hinzugewonnen, die im vergangenen Geschäftsjahr für Alos einen Umsatz von rund 15 Millionen Euro erwirtschafteten. Für die Umsetzung der Projekte bediente sich Alos unter anderem bei ECM- und DMS-Lösungen von Partnern wie DocuWare und Ceyoniq, Scanner-Lösungen von Kodak und IBML sowie Capture-Lösungen von Kofax.
Auch beim internationalen ECM-Branchenprimus Opentext tat sich in diesem Jahr relativ wenig in Sachen Übernahmen. Spannend bleibt hier zu beobachten, wie sich dies auf die Unternehmensentwicklung auswirken wird. Bislang profitierte das jährliche Umsatzwachstum deutlich von den Übernahmen. Beim File-Sharing- und Collaboration-Anbieter Hightail, den Opentext im Februar übernahm, vermeldete das Unternehmen bereits bei der Ankündigung des Deals keinen signifikanten Umsatz davon zu erwarten. Ähnlich verhält es sich bei Liaison Technologies, Anbieter für cloudbasierte Daten- und Informationsmanagementlösungen. Diese Übernahme hat Opentext für rund 310 Millionen US Dollar erst vor wenigen Tagen abgeschlossen.
Personelle Veränderungen im ECM-Bereich
Etwas schneller als das Übernahmekarussell drehte sich 2018 das Personalkarussell im ECM-Bereich. Mit Roger Illing und Herbert Lörch verließen zwei langjährige europäische Top-Manager die führenden internationalen ECM-Unternehmen Opentext und Hyland. Roger Illing, der sich Anfang des Jahres von Opentext verabschiedete, ist seit wenigen Wochen Senior Vice President bei TeamViewer. Die Lösungen des Anbieters für Remote-Konnektivität erlauben den Fernzugriff auf Online-Endpunkte verschiedenster Art sowie deren Steuerung und Support aus der Ferne.
Ebenfalls Anfang des Jahres nahm Herbert Lörch, ehemals General Manager EMEA, den Hut bei Hyland. Für EMEA und APAC ist nun der Australier Bob Dunn verantwortlich, während Lutz Varchmin als Territory Leader und Heinz Wietfeld als Regional Manager die Geschäfte im DACH-Raum steuern.
Thomas Wulle blieb der Scanner-Szene treu und startete Mitte des Jahres beim deutschen Hersteller von Produktions- und Hochleistungsscannern InoTec. Ab dem neuen Jahr wird er hier den Gesamtvertrieb übernehmen. Zuvor war Wulle knapp zehn Jahre deutscher Geschäftsführer des taiwanischen Scanner-Herstellers Avision, wo William Kuo nun dieses Amt bekleidet.
Weg aus der Scanner- aber nicht aus der ECM-Szene ist Klaus Schulz, der zuvor im Scannerbereich bei der Fujitsu-Tochter PFU als Senior Manager Product Marketing EMEA beschäftigt war. Schulz leitet nun als Manager Productmanagement ein neunköpfiges Produkt Management Team für »Office & IT Solutions« bei Konica Minolta Business Solutions.
Ebenso gab es bei inhabergeführten ECM-Unternehmen neben den bereits erwähnten Nachfolgeregelungen von WMD und KGS einige Veränderungen. So ist Stefan Heins seit dem 1. Juli, alleiniger Vorstand von Circle Unlimited. Michael Grötsch, Gründer des Unternehmens für ECM-Software unter SAP zog sich auf eigenen Wunsch aus der Unternehmensleitung zurück, bleibt aber weiterhin Teil des Führungskreises als Teamleiter Vertrieb, Marketing und PR.
Ende Oktober haben auch Jürgen Biffar und Thomas Schneck ihren Rückzug aus dem Vorstand des ECM-Softwareunternehmens DocuWare angekündigt. Ab 1. Januar schlüpfen Dr. Michael Berger, bislang Chief Technology Officer (CTO), und Max Ertl, bislang Chief Revenue Officer (CRO) in diese Rollen.
Am Ende sorgte die Cebit für die meiste Aufregung
Wohl am meisten Bewegung in der ECM-Szene war in diesem Jahr auf der Veranstaltungsebene durch die spektakuläre Entwicklung der Cebit. Obwohl einige auch große Namen wie Opentext und SER der Cebit (ebenso wie anderen Messen) schon länger fern blieben, war sie immer noch die bedeutendste Messeplattform für den ECM-Bereich. Mit ihrer Verschiebung in den Juni sorgte sie aber bereits bei so manchem treuen Cebit-Teilnehmer wie ELO Digital Office und Inotec für Verdruss, die der Sommermesse aufgrund des neuen Konzepts schließlich fern blieben. Bewusst für eine Teilnahme mit eigenem Stand entschieden sich unter anderem AMAGNO, Docuware, M-Files, windream und ecoDMS. Richtig zufrieden zeigte sich nach Abschluss lediglich Windream, die wohl auch am meisten in ihren Messeauftritt investiert hatten.
Doch nun ist eh alles Geschichte, denn die Deutsche Messe verkündete Ende November aufgrund sinkender Besucher- und Ausstellerzahlen das endgültige Ende der Cebit. Bei ECM-Vertretern stieß diese Entscheidung großteils auf Unverständnis, Kritik und sogar etwas Selbstkritik.
Ob es eine andere Veranstaltung schaffen wird, sich zu einer mehr oder wenigen Leitmesse zu entwickeln, bleibt abzuwarten. Ein paar Ansätze gibt es schon. So fand vom 9. bis 11. Oktober parallel zur »IFRA 2018« in den Berliner Messehallen zum Thema Informationsmanagement die »DCX Digital Content Expo« statt. Sie widmet sich der digitalen Seite des Publishing und will von der Content-Strategie über die Produktion bis zur Monetarisierung einen Überblick über die am Markt verfügbaren Lösungen ermöglichen. In diesem Jahr behandelte sie aber erstmals auch Themen wie Enterprise Information Management, Digital Workplace und Content Services.
Ebenfalls in Berlin und unter dem Dach einer anderen Veranstaltung nämlich der »Smart Country Convention« veranstaltete der Digitalverband Bitkom vom 20. bis 22. November die »Digital Office Conference«.
2019 wird sich zeigen, wie es mit den Veranstaltungen weiter geht. Groß im Trend stehen ohnehin firmeneigene Unternehmenskongresse, die inzwischen von fast allen Herstellern im größeren Stil durchgeführt werden. Wenn dabei auch das ein oder andere Partnerunternehmen mit von der Partie ist, erlauben sie dem Besucher jedoch keinen herstellerübergreifenden Überblick, den unabhängige Messen bieten können.
Wer aber weiter wissen will, was sich herstellerneutral in den Bereichen ECM, EIM, DMS und Digitalisierung abspielt, kann sich wie gewohnt hier auf ECMguide.de täglich bestens informieren!