Rückblick 2019: Cloud verändert traditionellen ECM-Betrieb

App-basierte Lösungen wie bei Invoiz erleichtern Anwendern die Digitalisierung (Bild: Invoiz)

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App-basierte Lösungen wie bei Invoiz erleichtern Anwendern die Digitalisierung (Bild: Invoiz)

Besonders Cloud- und App-basierte Technologien gestatten ECM-Anbietern ihre Lösungen nicht mehr nur noch in großen Paketen anzubieten, die aufwändige Implementierungsleistungen erfordern, sondern ebenfalls in einzelnen Services. Der ECM-Marktführer OpenText bietet hierzu die Software-as-a-Service-(SaaS-) Plattform »OT2«. Wie Muhi Majzoub, Executive Vice President Engineering von Opentext, uns im März im Interview schilderte, ermöglicht sie neben ECM-Grundfunktionalitäten unterschiedliche Fach-und Spezialapplikationen. So gibt es unter anderem Lösungen für Qualitäts- und Personalmanagement, Rechts- und Regulierungsaufgaben sowie Capture-Prozesse. Neue Applikationen kommen sobald sie verfügbar sind und unabhängig von den bei Opentext üblichen Frühjahrs- und Herbstupdates auf den Markt.

Opentext und Hyland bauen Brücken zur Cloud-Nutzung

Der international ebenfalls bedeutende ECM-Spezialist Hyland stellte eine ähnliche SaaS-Strategie auf seiner europäischen Partner- und Kundenkonferenz im November in Amsterdam vor. Statt der bisherigen Client-Server-Architektur sind die aktuellen Produkt-Plattformen auf Basis von »OnBase« und »Saperion« auf Microservices und Cloud ausgerichtet. Dies drückt sich mit den Bezeichnungen  »OnBase Foundation« und »Saperion Foundation« auch in einer neuen Namensgebung aus. »Damit beginnt für unsere Kunden eine Reise in das Entschlüsseln der funktionellen Komponenten der Lösungen, die über Microservices zur Verfügung stehen werden und direkt oder in Kombination mit anderen Anwendungen verwendet werden können«, erläuterte Ed McQuiston, Executive Vice President and Chief Commercial Officer im Gespräch mit ECMguide. Das seit Oktober verfügbare Onbase Foundation bietet REST-APIs, Identity- und Access-Management-Services sowie konfigurierbare Tools für die Entwicklung von Anwendungen. Besonders für Saperion-Anwender stellt die Foundation-Entwicklung einen bequemen Zugang zu fortschrittlichen Technologien dar, ohne dass sie einen Plattformwechsel bewerkstelligen müssen.

Dvelop startete ebenfalls Cloud-Offensive

Dvelop-CEO Mario Dönnebrink gab im Mai die Offenlegung der APis von d.3 bekannt (Bild: A. Stadler)

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Dvelop-CEO Mario Dönnebrink gab im Mai die Offenlegung der APis von d.3 bekannt (Bild: A. Stadler)

Den Weg in die Cloud und den Start einer App-Community unternahm 2019 auch der deutsche ECM-Hersteller d.velop und verkündete dies auf seiner Partner- und Kundenkonferenz in Berlin im Mai. In diesem Zusammenhang legte der Softwareanbieter seine Programmierschnittstellen offen, was die Entwicklung von Apps für die Dvelop-Plattformen für jedermann ermöglicht. »So erhalten unsere Kunden viel mehr Auswahl an maßgeschneiderten Lösungen, da jeder Softwareentwickler, jeder Lösungspartner und jeder Anwender neben uns selbst Apps entwickeln kann, mit denen sich sogar zusätzlich Umsatz generieren lässt. Wir sorgen nämlich auch für die entsprechende Vermarktung über unsere Plattform«, erläuterte Mario Dönnebrink, CEO von Dvelop, während der Veranstaltung gegenüber ECMguide. Sowohl die Auswahl als auch die Geschwindigkeit für Fachlösungen werde sich laut Dönnebrink enorm steigern, denn so brauche man nicht mehr ein bis zwei Jahre für eine neue Fachapplikation, sondern nur noch ungefähr vier Wochen.  

M-Files setzte schon etwas länger auf Cloud

Der finnische ECM-Anbieter M-Files bietet Entwicklungspartnern schon geraume Zeit ein eignes Programm und nennt sie »Certified Application Partner (CAP)«. Im August vermeldete M-Files, dass sich die Zahl der Entwicklungspartner im zweiten Jahr auf mehrere Dutzend erweitert hat.  Die von CAP-Programmmitgliedern unabhängig und eigenständig erstellten Anwendungen erweitern das ECM-System »M-Files« beispielsweise um Branchenlösungen, Analysetools, Erweiterungen der Benutzeroberfläche, vorkonfigurierte Vorlagen und Workflows. Weitere Themenfelder sind Imaging- oder OCR-Anwendungen, Tools für die Metadatenanalyse und Datenmigration sowie Konnektoren und Integrationen, mit deren Hilfe strukturierte und unstrukturierte Informationssysteme integriert werden können.

Cloud bringt Anwendern mehr Vielfalt

App-Lösungen nach dem Baukastenmodell ermöglichen auch kleineren beziehungsweise spezialisierten Anbietern, ihr Angebot zu erweitern. So hat das Inhouse-Start-up der Buhl-Gruppe invoiz im September verkündet, sein gleichnamiges Finanz- und Rechnungsprogramm für Selbstständige und Kleinunternehmen »invoiz« neu in App-Pakete zu strukturieren.  Zudem hat das Unternehmen zusätzliche Apps und Schnittstellen entwickelt sowie einen App Store eröffnet.

Die Kanzleisoftware Addison OneClick hält auch viele Lösungen für die Mandanten bereit (Bild: Wolters Kluwer)

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Die Kanzleisoftware Addison OneClick hält auch viele Lösungen für die Mandanten bereit (Bild: Wolters Kluwer)

Die Cloud und darin enthaltene Apps bieten dem Anbieter von Steuerberatungssoftware Wolters Kluwer die Möglichkeit, nicht nur Steuerberatern, sondern auch deren Mandanten ein größeres Lösungsangebot zur Verfügung zu stellen. Anfang Dezember präsentierte das Unternehmen die neue Version von »ADDISON OneClick«, die mit einem integrierten cloudbasierten Beleg- und Daten-Hub sowie Premium-Partner-Apps ausgestattet ist. So gibt es beispielsweise die »Lunchit-App« von Spendit, über die sich ein steuerfreier Essenszuschuss für Mitarbeiter realisieren lässt. Weitere Apps sind »sevDesk« zur Büroorganisation, »clockodo« zur Zeiterfassung und »GETMYINVOICES.COM« zur Anbindung von Online-Portalen und automatischen Belegbereitstellung.

Durchgängige Prozesse elektronisch abbilden

Anwender haben durch die App- und serviceorientierten Angebote einige Vorteile wie mehr Auswahlmöglichkeiten bei offenen Systemen. So sind sie nicht mehr nur auf das Angebot ihres Hauptanbieters angewiesen, sondern können auch Applikationen anderer Anbieter nutzen und sogar eigene entwickeln. Die Chancen steigen auch für kleine Unternehmen, durchgängige Prozesse beispielsweise in der Rechnungsverarbeitung aufzubauen, und vom Erfassen papiergebundener und elektronischer Rechnungen über den Freigabe- und Verarbeitungsprozess bis zur Bezahlung durchgängig ohne Medienbrüche und automatisiert abzubilden. Zudem können Unternehmen per Cloud-Angebote eventuell saisonal bedingte unterschiedliche Auslastungen von Systemen besser ausgleichen. So ist es nicht notwendig, ständig eigene Infrastruktur vorzuhalten. Aufgrund der Skalierbarkeit lassen sich in Spitzenzeiten Nutzungskapazitäten flexibel erweitern und dazu buchen. Selbst wenn stationäre Systeme verwendet werden, können Anwender im Hybrid-Betrieb auch zusätzliche Cloud-Services nutzen.

Cloud verändert Abrechnungsmodelle

Doch nicht nur funktional und systembezogen verändern Cloud-Techniken die ECM-Nutzung, sondern auch kostenseitig. Immer mehr Anbieter gehen dazu über abobasiert abzurechnen. M-Files hat beispielsweise seine Abrechnung in diesem Jahr komplett auf monatliche Zahlungen umgestellt – egal ob der Kunde das ECM-System stationär bei sich vor Ort, hybrid oder als SaaS nutzt. Diese  sichert den Anbietern eine regelmäßige Einnahmequelle, sorgt allerdings auch dafür, dass ein Neukunde kein deutliches Umsatzplus bringt, da er keine hohe Anfangsinvestition leisten muss.

Folgen des Cloud-Trends

Die Cloud-, App- und serviceorientierte Entwicklung wird den ECM-Sektor auch 2020 stark beschäftigen. Für Kunden ergeben sich dadurch eigentlich nur die bereits beschriebenen Vorteile, da sie die Wahl haben, was sie in die Cloud geben und zu welchem Anteil sie Cloud-Services nutzen. Schwieriger wird es für Anbieter, die hinsichtlich Cloud wenig unternommen haben und deren Produktarchitektur sich dafür nicht eignet. Sie werden in den Augen der Kunden an Attraktivität verlieren und Verluste erleiden.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.