ECM- und ERP-Systeme miteinander verbinden
Merkmale von ERP- und ECM-Systemen
Inhalt dieses Artikels
Enterprise Resource Planning (ERP) Systeme konzentrieren sich primär auf die Planung und Steuerung von Ressourcen. Der Fokus von ECM-Systemen liegt auf der Strukturierung, Verwaltung und dem Austausch von unternehmensrelevanten Inhalten und Dokumenten. Geht es um das Digitalisieren von vielen Geschäftsprozessen wie der automatisierten Rechnungsbearbeitung, ist die Kombination aus ERP und ECM gefragt.
Zwar bieten ERP-Systeme in unterschiedlicher Ausprägung Dokumentenmanagement- und damit DMS- beziehungsweise ECM-Funktionen an, aber »meistens sind die Funktionen nicht so umfangreich und stehen nur Benutzern der ERP-Systeme zur Verfügung«, bringt Jürgen Kiel, Technischer Leiter Competence Center Business Integration von ELO Digital Office die Problematik auf den Punkt.
ERP-Systeme integrieren oft DMS-Funktionen, die im direkten Zusammenhang mit den ERP-Daten stehen und häufig deren Archivierung betreffen. »Darüberhinausgehende Informationen wie zum Beispiel begleitende Dokumente, die ebenfalls wichtig sind, um Entscheidungen treffen zu können, werden durch die ERP-Systeme in der Regel nicht unterstützt«, erläutert Christian Burkamp, Entwicklungschef von Ceyoniq Technology.
Rechnungsbearbeitung bei Berliner Stadtmission
Wie bei vielen Unternehmen war auch bei der Berliner Stadtmission eine Koppelung zwischen ERP- und ECM-System elementar, um die Eingangsrechnungsbearbeitung zu automatisieren. Das workflowgestützte Rechnungseingangssystem basiert heute auf der Kombination aus der ERP-Lösung »Diamant 3« und ECM-Lösungen von ELO Digital Office. Das ECM-System dient als rechtssicheres elektronisches Archiv sowie als Software für Dokumenten- und Workflowmanagement. Über unterschiedliche Standorte hinweg ermöglicht es einen Zugriff auf alle Dokumente und Informationen, die rechtskonform archiviert und vor Verlust geschützt sind. Eingehende Rechnungen werden automatisch erfasst und per Workflow verarbeitet. Ein Tool für intelligente Klassifizierung liest alle relevanten Informationen aus und gleicht sie medienbruchfrei mit dem kaufmännischen System ab, was Rechnungsprüfung und -freigabe vereinfacht und beschleunigt.
Vorteile der ECM-ERP-Koppelung:
ECM unterstützt ERP-Migrationen
Gerade mit Funktionen aus dem Archivierungs-, Input- und Workflow-Bereich trägt ECM-Software dazu bei, Rechnungsprozesse zu automatisieren. Auf dieses Feld gehen wir auch ausführlich in unserem Bereich Rechnungsverarbeitung ein. Doch neben der Rechnungsverarbeitung lassen sich auch andere Lösungen wie digitale Akten im Produktions- oder Immobilienbereich durch eine ECM-ERP-Koppelung realisieren. Ein weiteres interessantes Anwendungsfeld sind ERP-Migrationsprojekte. »Ein ECM-System kann hier sowohl die Informationen aus dem Altsystem weiterhin zugänglich machen, als auch der Speicher für strukturierte Daten sein. Später können bereits vorhandene Informationen auch im neuen System über dynamische Verknüpfungen verfügbar gemacht werden« erläutert Kiel. Aktuell finden viele Migrationsprojekte zu SAP S/4HANA statt – auch weil SAP den kostenlosen Support für die Vorgängerversion SAP ECC Ende 2027 einstellt. Häufig kommen bei den Migrationen zusätzliche Archivierungs- und ECM-Lösungen zum Einsatz. Sie dienen dazu, den zu migrierenden Datenbestand zu verschlanken. Ziel ist den Wechsel zu vereinfachen, Fehlerquellen zu minimieren und Kosten zu senken.
Generell bietet die Kombination von ERP- und ECM-Systemen Anwendenden einen umfassenden Blick auf erforderliche Informationen, die Personen, Prozesse und Vorgänge betreffen können.
Hermann Schäfer, Vice President Sales von DocuWare bestätigt dies: »Im ERP selbst werden meist nur ERP-Dokumente verwaltet. Es gibt jedoch durchaus Prozesse, bei denen auch auf Dokumente aus anderen Bereichen zugegriffen werden muss. Mit der Integration eines ECM werden alle relevanten Dokumente und Informationen anwendungsübergreifend an einer zentralen Stelle gespeichert.« Dies erhöhe zum einen die Transparenz und ermögliche es den Usern, schnell auf benötigte Informationen zuzugreifen, wenn sie die Berechtigung dazu haben. Zum anderen werden dadurch Brüche in Geschäftsprozessen und eine doppelte Datenhaltung in unterschiedlichen Anwendungen vermieden. Dies reduziert letztendlich nicht nur das Dokumentenvolumen, sondern auch die Speicherkosten und den Verwaltungsaufwand. Hinzukommt, dass nicht jeder Beschäftigte einen Zugriff auf das ERP-System und damit auf entsprechende Informationen hat. Der ERP-Zugriff ist häufig auf produktionsnahe Bereiche begrenzt, während ECM oftmals unternehmensweit zum Einsatz kommt.
Herausforderungen bei ECM- und ERP-Koppelungen
Doch wie lassen sich ECM- und ERP-Systeme koppeln und wo liegen die größten Herausforderungen dabei? Zunächst ist es so, dass die Integrationstiefe sehr unterschiedlich sein kann, wie Burkamp darlegt: »Bei der Kopplung von ERP- und ECM-Systemen gibt es verschiedene Ebenen der Realisierung, die zu unterschiedlichem Komfort in der Benutzung führen. Die einfachste Kopplungsebene erlaubt nur die Navigation von einem System zum anderen. Fortgeschrittenere Schnittstellen kümmern sich darüber hinaus um einen Abgleich beziehungsweise die Synchronisation von Stammdaten. Auch Bewegungsdaten können zwischen den Systemen synchronisiert werden. Den höchsten Komfort bieten solche Schnittstellen, wenn sie sich in die Anwendungsoberflächen integrieren, so dass Anwendende eine native und nahtlose Kopplung erleben und damit in ihrer gewohnten IT-Arbeitsumgebung agieren können.«
Jedoch lassen sich nicht alle ECM- und ERP-Versionen problemlos miteinander verbinden. Als Schnittstelle zwischen SAP-Systemen und externen Speichersystemen diente bislang in der Regel »ArchiveLink«, die im SAP Web Application Server integriert ist. Doch in SAP S/4HANA Public Cloud wird ArchiveLink nicht mehr unterstützt. Stattdessen kommt wie bei anderen ERP-Herstellern hier als Schnittstelle der offene und herstellerunabhängige Standard Content Management Interoperability Services (CMIS) zum Einsatz. Allerdings wird dieses Protokoll aktuell noch nicht von allen etablierten ECM-Anbietern verwendet. Bei SAP ist CMIS notwendig, da SAP in der Public Cloud kein Einspielen von Fremdsoftware mehr erlaubt. Erweiterungen und Zusatzfunktionen müssen in der Business Technology Platform erfolgen.
Tipps für die ECM-ERP-Koppelung
Hilfreiche Schnittstellen und Konnektoren
Prinzipiell bietet laut Schäfer jedes moderne ECM-System, so auch DocuWare, standardmäßig eigene Bordmittel für ERP-Anbindungen an, die ohne aufwendige Programmierung eingerichtet werden können. Dies spare nicht nur wertvolle Zeit, sondern reduziere auch erheblich die Kosten. »Wenn diese vordefinierten Schnittstellen nicht ausreichen sollten, empfehlen wir unseren Kunden, bereits vorhandenen Konnektoren für ihr ERP-System zu verwenden«, berichtet Schäfer. Entsprechende Konnektoren für ERP-Systemen wie Addison, Sage, Microsoft Dyanmics 365 Business Central, SAP4/HANA oder DATEV entwickeln zumeist die Partner der ECM-Hersteller. »In erster Linie muss jedoch der Kunde individuell entscheiden, ob die Schnittstellen beziehungsweise Konnektoren seine Anforderung hinsichtlich zum Beispiel der Funktionalität, Sicherheit oder Skalierbarkeit erfüllen«, so Schäfer. Reichen vorgefertigte Lösungen nicht aus, lassen sich Schnittstellen auch individuell entwickeln, was jedoch einen höheren Aufwand und höhere Kosten bedeutet.
Grundsätzlich sollten Kunden verschiedene Aspekte bei der Auswahl der Schnittstellen betrachten, wie Burkamp darlegt: »Auf der technischen Ebene ist es wichtig zu prüfen, ob die gewünschte Schnittstelle die zu erwartende Belastung tragen kann. Ebenfalls muss überprüft werden, ob die Schnittstelle mit technischen Veränderungen der gekoppelten Systeme mitwachsen wird. Insbesondere im Umfeld der Public-Cloud ist das besonders wichtig, da der Einfluss auf Updatezyklen der Cloud-Systeme gering bis nicht vorhanden ist. Das heißt die jeweilige Organisation ist darauf angewiesen, dass die Schnittstelle jegliche Versionswechsel mitgeht.« Auf der finanziellen Ebene sollte überprüft werden, ob die Kosten, insbesondere die perspektivischen Kosten also die Kosten mit steigender Nutzeranzahl, für die Kopplung der Systeme kalkulierbar seien.
Ziel ist nahtlose Integration
Egal welche Mittel und Wege gewählt werden, oberstes Ziel einer Koppelung ist der reibungslose Austausch und die nahtlose Integration von Daten. Sind ECM-und ERP-System verbunden, müssen Daten in Echtzeit oder im Rahmen eines definierten Zeitplans ausgetauscht werden, um sicherzustellen, dass Informationen stets aktuell sind. Gibt es unterschiedliche Datenformate, Datenstrukturen und Geschäftslogiken in den beiden Systemen, kann dies zu Dateninkonsistenzen oder sogar Datenverlust führen. Generell stellt der Zugriff auf die Datenbank immer die zentrale Herausforderung dar. Die Integration muss also gut durchdacht sein.
Weiterführende Links
- ECM-Systeme unterstützen S/4HANA-Migration
- Interview zu ECM-ERP-Kopplung mit Benny Schröder von KGS Software
- Interview zu ECM-ERP-Kopplung mit Christian Burkamp von Ceyoniq Technology
- Interview zu ECM-ERP-Kopplung mit Hermann Schäfer von DocuWare
- nscale und SAP S/4HANA – eine zukunftssichere Partnerschaft
- Mehr Raum für soziale Arbeit dank digitaler Prozesse
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