Prozessautomatisierung: Gartner präsentiert RPA Magic Quadrant
Gartner hat zum zweiten Mal einen »Magic Quadrant« zu robotergestützter Prozessautomatisierung (RPA) veröffentlicht. Um darin vorzukommen, setzte das Marktforschungsunternehmen die Messlatte, was Marktfähigkeit, Relevanz, Wachstum, Umsatz und die Vision angeht, höher als im Vorjahr. Dies hat zu Verschiebungen in den Positionen und zum Ausschluss einiger der Anbieter geführt. Nicht mehr mit dabei waren so beispielsweise Another Monday, das jüngst von Hyland übernommen wurde, sowie AutomationEdge, Datamatics und Kryon. Neu aufgeführt sind Microsoft, die 2020 den RPA-Anbieter Softomotive kauften, sowie SAP und Samsung SDS.
RPA-Softwarelösungen können sich wiederholende menschliche Aufgaben bei der Erfassung von Daten aus Formularen, Texten und elektronischen Quellen wie Webseiten automatisieren. Sie verwenden hierzu in der Regel eine Kombination aus Benutzerschnittstellen-Interaktionen (UI) und Programmierschnittstellen (APIs), um Datentranskriptionsarbeiten zwischen verschiedenen Unternehmens- und Produktivitätsanwendungen zu integrieren und durchzuführen. Ein RPA-Tool funktioniert durch den Einsatz eines Software-Skripts, das eine menschliche Aufgabe innerhalb eines Arbeitsablaufs nachahmt. Diese zur Laufzeit ausführbare Datei des RPA-Skripts wird allgemein als »Roboter« oder »Bot« bezeichnet. Alle RPA-Tools enthalten ein Kontroll-Dashboard, das zur Verwaltung dieser Roboter oder Bots verwendet kann.
Kernfähigkeiten und Marktentwicklung
Inhalt dieses Artikels
Zu den Mindestanforderungen eines RPA-Software-Tools zählen folgende Kernfähigkeiten:
- Low-Code-Fähigkeiten zur Erstellung von Automatisierungsskripten
- Integration mit Unternehmensanwendungen
- Orchestrierung und Verwaltung einschließlich Konfiguration, Überwachung und Sicherheit
Gartner geht davon aus, dass sich der rasch wachsende RPA-Markt in den nächsten zwei bis drei Jahren weiter deutlich verändern und konsolidieren wird. Laut dem Marktforschungsunternehmen machen die zehn größten RPA-Softwareanbieter aktuell über 70 Prozent des Marktanteils auf dem RPA-Markt aus.
Hauptstärke von UiPath ist das Partner-Ökosystem
Zu den führenden Unternehmen zählt Gartner wie bereits im Vorjahr die US-Unternehmen UiPath und Automation Anywhere, die beide weltweit vertreten sind und vor allem Großunternehmen adressieren. Uipath bietet mit seinem gleichnamigen Produkt multimandantenfähige Software as a Service (SaaS) mit Process-Mining-Fähigkeiten. Beim nun veröffentlichten Magic Quadrant hat Gartner die von Uipath im April 2020 veröffentlichte rollenbasierte Lizenzierung, SaaS-basiertes RPA, dialogorientierte KI und Testautomatisierung terminbedingt nicht mehr berücksichtigen können. Auf der kurzfristigen Roadmap von Uipath stehen Low-Code-Business-Anwendungen, die Erweiterung der Automation Cloud mit Robotern als Service, nativen Support für SAP Fiori und die Weiterentwicklung der begleiteten Automatisierung.
Als Stärke von Uipath bezeichnet Gartner das robuste Partner-Ökosystem, das mehr als 250 Technologiepartner und eine starke Unterstützung für Integrationen mit wichtigen Unternehmensprodukten und -anwendungen umfasst. So ist der RPA-Hersteller nun eine globale Kooperation mit Kodak Alaris eingegangen. Die Zusammenarbeit ermöglicht es Vertriebspartnern und Kunden beider Unternehmen, die Informationserfassungslösungen von Kodak Alaris und die Uipath-Software zu nutzen. Im Zuge der Zusammenarbeit entwickelten die Unternehmen außerdem den »Alaris Capture Pro to UiPath Orchestrator Connector«, der eine nahtlose Verbindung zwischen voll indizierten, qualitativ hochwertigen Bildern von Kodak Scannern und UiPath-Bots ermöglichen soll.
UiPath verfügt über einen dynamischen Marktplatz mit mehr als 1,5 Millionen Downloads, wo 750.000 Entwickler Automatisierungs- und KI-Bibliotheken gemeinsam nutzen können. Zudem hat Uipath Gartner zufolge erhebliche Ressourcen aufgewendet, um Kunden beim Aufbau und der Skalierung von RPA-Programmen zu unterstützen. Mit kostenlosen Community-Versionen und einem kontinuierlichen Fokus auf Lernressourcen, Online-Schulungen und einer aktiven Entwickler-Community unterstützt Uipath seine Kunden mit häufigen Updates und dem Austausch von Wissen aus der Community. Allerdings warnt Gartner, dass Uipath in Folge des raschen Unternehmenswachstums einen Teil seiner Kundennähe verloren hat und sich Aspekte im Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit verschlechtert haben. Bemängelt werden außerdem das Preis-Leistungsverhältnis, das intransparente Preismodell und die Qualität der Neuentwicklungen, da mehr Wert auf eine hohe Innovationsgeschwindigkeit gelegt werde.
Automation Anywhere mit Transparenz in Produktstruktur und Preisgestaltung
Die RPA-Produktplattform »Automation Anywhere Enterprise« (Version A2019) kann mit KI-fähigen IQ-Bots, Bot Insight für die Analyse, Bot Store, Discovery Bots und einer nativen mobilen Anwendung verknüpft werden. Die Roadmap für 2020 umfasst ein RPA-as-a-Service-Angebot, eine dialogorientierte KI, ein erweitertes Entwicklerportal, improvedBot Store und erweiterte Funktionen zur Unterstützung von Bot-Agenten unter Linux und MacOS.
Gartner lobt bei der Version A2019 unter anderem die neue Struktur und Benutzeroberfläche sowie die transparente Preisgestaltung. Anwender sollten jedoch beim Einsatz von unbetreuten Bots mit einem hohen manuellen Aufwand rechnen und daher betreute Funktionen präferieren.
Nischenplayer SAP
Das erstmals von Gartner berücksichtigte Produkt »SAP Intelligent Robotic Process Automation« (Version 1.0.7) ist ein neues Feature des »SAP-Stacks Intelligent Enterprise«, das die Fähigkeit von SAP zur Integration unterschiedlicher Anwendungen in einer Kundenumgebung erweitert. Die Roadmap von SAP umfasst eine neue Reihe von Funktionen des» SAP Cloud Applications Studio«, die eine Automatisierung des Entwicklungsprozesses in der Cloud ermöglichen. Zudem sollen auch Anwender ohne spezielle Programmierkenntnisse in Zukunft Lösungen entwickeln können.
Die Mehrzahl der Implementierungen der RPA-Lösung von SAP betrifft ERP-Systeme wie die von SAP, die eng mit den Kerngeschäftsprozessen des Kunden verknüpft sind. SAP offeriert sein RPA-Produkt mit eingebetteten iBPMS-Kernfunktionen und integrierten Konnektoren für SAP S/4HANA, ABAP und UI5 sowie für Nicht-SAP-Anwendungen, wie alle Windows-basierten Anwendungen. Kunden mit SAP-lastigen Ökosystemen können davon profitieren, insbesondere wenn sie eine Migration zu S/4HANA planen.
Jedoch warnt Gartner in Verbindung mit der Lösung vor relativ hohen Betriebskosten: Das transaktionsbasierte Preismodell von SAP erfordere eine zusätzliche Steuerung und eine Verbrauchsschätzung im Voraus. So ließen sich höhere Kosten vermeiden, die sich aus der häufigen Ausführung von Automatisierungen in Echtzeit ergeben können.
Als Ausblick sieht Gartner einen beständigen Bedarf nach RPA-Lösungen, da Unternehmen nach wie vor einen enormen Bedarf an der Automatisierung von papierbasierten Altprozessen und an Datentranskriptionsarbeiten zwischen mehreren Unternehmenssystemen haben. Der noch junge RPA-Sektor ist eines der am schnellsten wachsenden Segmente im Bereich der Unternehmenssoftware mit einer steigenden Wettbewerbsintensität und vielen neuen Marktteilnehmern. Er wuchs 2018 um 63,1 Prozent und 2019 um 62,9 Prozent verglichen mit einem Wachstum von 13,5 Prozent beziehungsweise 11,5 Prozent des gesamten Unternehmenssoftwaremarktes. Nach Angaben von Gartner umfasst der RPA-Softwaremarkt Mitte 2020 mehr als 45 Anbieter.