Überblick zu elektronischen Posteingangslösungen

Je früher ein Dokument digital erfasst ist, desto effizienter kann es im Dokumentenmanagement-System (DMS) bearbeitet werden. Idealerweise erfassen Unternehmen Geschäftsbriefe und elektronische Post über einen zentralen Posteingang und bringen sie von Beginn an in elektronische Bearbeitungsprozesse. »Automatisierte Posteingangssysteme sind als eine Komponente eines ECM-Systems zu verstehen«, meint Jörg Eckhard, Leiter Vertrieb beim IT-Lösungsdienstleister Dmsfactory. »Klassische Posteingangssysteme haben daher die Zielsetzung, möglichst frühzeitig beim Eintreffen eines Dokuments den Medienbruch zu eliminieren und zusätzlich auf automatisiertem Wege die relevanten Informationen für einen nachfolgenden Geschäftsprozess bereitzustellen.

Um einen automatisierten Posteingang technisch umzusetzen, integrieren die Lösungen neben Scannern zur Digitalisierung verschiedene Softwarekomponenten. Die Software umfasst Komponenten zur Texterkennung (Optical Character Recognition Software, OCR), Klassifizierung und Einteilung sowie zur Extraktion von Daten. Nachdem die Dokumente klassifiziert und deren Daten extrahiert wurden, lässt sich ein zentraler Postverteilungsprozess starten. Erkannte und extrahierte Informationen beziehungsweise Dokumente wandern gemäß vordefinierten Regeln in die zuständigen Abteilungen. Dort lassen sich alle Dokumente entsprechend der Dokumentenklasse bearbeiten, Unterprozesse starten, auf Wiedervorlage legen oder an zusätzliche Prozessbeteiligte weiterleiten.

Automatisierte Prozesse folgen nach elektronischem Posteingang

Besonders lohnend ist ein digitalisierter Posteingang, wenn sich Unternehmensprozesse automatisiert anschließen. »Durch eine intelligente Verknüpfung von Posteingang, DMS, CRM und PPS sind ganzheitliche, automatisierte Unternehmensprozesse heute schon Realität. Vom Bestellvorgang über die Lieferung bis hin zur Produktion und der Berechnung laufen die Prozesse weitgehend ohne manuelle Eingriffe ab«, weiß Peter Schnautz, Geschäftsführer des Scanner-Herstellers InoTec. Damit der automatische Ablauf funktioniert, ist das Regelwerk, nach der die Dokumente erkannt, klassifiziert und in die entsprechenden Workflows gelangen von hoher Bedeutung und bedarf daher einer kontinuierlichen Pflege und Erweiterung.

Bei der Realisierung eines automatisierten Posteingangs gibt es in der Praxis trotz weit fortgeschrittener Technologien immer wieder Probleme, wie Daniel Fallmann, Geschäftsführer von Mindbreeze, beschreibt: »Dies fängt bei der Trennung der einzelnen Dokumente im Scan-Stapel an. Gerade gemischtes Beleggut verlangt oft nach Trennblättern, da die Software-Regeln für die Erkennung von Dokumentgrenzen nicht richtig greifen.« Schwierig werde es auch bei der Mehrfachklassifikation von Dokumenten, also der Identifikation mehrerer Geschäftsvorfälle in einem Dokument (»anbei finden Sie die Abrechnung und ich bitte um die Zusendung von Information zum Produkt …«). Um Dokumentenklassen ausreichend genau zu unterscheiden, helfen aussagefähige Statistik-Funktionen, um schnell einen Überblick über typische Problemfälle zu bekommen. Hilfreich ist außerdem selbstlernende Software, die beispielsweise auch handgeschriebene Texte bearbeiten kann.

An der Erkennung entscheidet sich Erfolg und Misserfolg

Technisch kommt es laut Thomas Kleiner, CEO des ECM-Systemhauses iXenso, definitiv auf eine sehr gute Digitalisierung und Erkennung am Eingang an, »denn dort entscheidet sich Erfolg oder Misserfolg des Projektes. Irrläufer und schlecht lesbare oder falsch interpretierte Dokumente sorgen nicht nur für Frust beim Empfänger, sondern verschlechtern auch die Qualität der Prozesse. Im schlimmsten Fall werden Prozesse durch fehlerhafte Daten »dunkel« – das heißt falsch – verarbeitet.«

In der technischen Entwicklung hat sich in den letzten Jahren viel getan, damit die Klassifizierung gut funktioniert. »Elektronische Posteingangslösungen haben seit geraumer Zeit einen Stand erreicht, welcher der manuellen Postverteilung qualitativ weit überlegen ist«, meint gar Peter Fischer, Mitglied der Geschäftsführung von ALPHA COM. »Intelligente Produkte verwenden heute bis zu 3.000 verschiedene Merkmale, um ein Dokument vom anderen zu unterscheiden. Mit Ausbau der semantischen Algorithmen, die derzeit am Markt Fuß fassen, können heute schon Dokumente inhaltlich bewertet und entsprechend weiterverarbeitet werden«, so Fischer. Nicht nur einzelne Begriffe wie »Vertrag« oder »Kündigung« tragen zur Klassifizierung bei, sondern auch komplexe Ontologien und Terminologien, die helfen, Fachgebiete sprachlich und formal zu ordnen. Ontologien stellen Regeln über die Zusammenhänge der jeweiligen Begriffe auf. Damit lassen sich Rückschlüsse aus den vorhandenen Daten ziehen, Widersprüche erkennen und fehlendes Wissen selbstständig aus dem vorhandenen Datenpool ergänzen. Führende Unternehmen sind in diesem Bereich unter anderem Unternehmen wie IBM mit der »Watson-Technologie« und Abbyy.

Was ein Scan-Dienstleister leisten sollte

Unternehmen, die ihren Posteingang an einen Dienstleister auslagern, sollten darauf achten, dass folgende Punkte besprochen und abgedeckt sind:

  • Umgang mit Lastspitzen
  • Gängige Qualitätszertifizierungen wie ISO 9001
  • Ausfallsicherheit
  • Skalierbarkeit zum weiteren Ausbau der Lösung
  • Zuverlässigkeit und Datenschutz
  • Hohe Produktivität
  • Lohnendes Abrechnungsmodell
  • Organisation der An-und Ablieferung von Papierdokumenten
  • Service-Level-Vereinbarungen
  • Intensive Planung, bei der die Abläufe genau besprochen werden

Unternehmen, die den elektronischen Posteingang nicht selbst realisieren wollen, haben die Möglichkeit, ihn an einen Dienstleister wie Alpha Com, Dmsfactory oder SRZ auszulagern. Technische Punkte müssen die Interessenten aber auch hier abklopfen. Vier technische Eigenschaften sind wie Markus Wenig, SRZ-Bereichsleiter, erklärt für seine Kunden besonders wichtig: »Ausfallsicherheit, das bedeutet, wir stellen mit unserer technischen Infrastruktur eine kontinuierliche Erfassung des Posteingangs sicher; zweitens Skalierbarkeit, das heißt ein Ausbau der digitalen Posteingangslösung kann nach Bedarf erfolgen, drittens Zuverlässigkeit und viertens eine hohe Produktivität. Was morgens reinkommt, muss noch am selben Tag geliefert werden.« Dabei muss der Dienstleister in der Lage sein, stark schwankende Belegmengen innerhalb des vereinbarten Service-Levels in hoher Qualität fristgerecht zu verarbeiten. Wichtig ist auch eine intensive Planung, in der beide Seiten besprechen, was mit welchem Schriftstück zu tun ist, wie es gescannt wird und im nachgeschalteten Workflow zu behandeln ist sowie was nach der Digitalisierung mit dem Original geschieht. Bei der Auswahl eines Dienstleisters sollten Interessenten ebenfalls auf gängige Qualitätszertifizierungen wie ISO 9001 achten. Von großer Bedeutung ist auch, das Abrechnungsmodell genau zu prüfen, damit die Rechnung am Ende tatsächlich aufgeht.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.