Interview zu Vertragsmanagement mit Jörg Eckhard, Dmsfactory

Auf den ersten Blick erscheinen viele Vertragsmanagement-Lösungen am Markt sehr ähnlich. Im Interview mit ECMGUIDE weist Jörg Eckhard, Leiter Vertrieb bei Dmsfactory, unter anderem darauf hin, dass sie sich in einigen Punkten doch deutlich voneinander unterscheiden: mal lässt sich die Software nicht individuell konfigurieren, mal gibt es keine Cloud-Lösung oder keine elektronische Signaturlösung.

Jörg Echard, Leiter Vertrieb, Dmsfactory weiß viel über Vertragsmanagement in der Praxis (Bild: Dmsfactory)

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Jörg Echard, Leiter Vertrieb, Dmsfactory weiß viel über Vertragsmanagement in der Praxis (Bild: Dmsfactory)

Als IT-Lösungsdienstleister für Geschäftsprozessmanagement führt Dmsfactory auch viele Projekte im Bereich Vertragsmanagement durch. Bei welchen Vertragsvolumina oder anderen Kenngrößen würden Sie eine Automatisierung des Vertragsmanagements empfehlen?

Eckhard: Die Notwendigkeit der Automatisierung des Vertragsmanagements ist weniger eine Frage des Volumens. Man sollte sich im ersten Schritt die Frage stellen, ob man Schwierigkeiten hat, die im Unternehmen vorhandenen Verträge zu finden und korrekt zu verwalten. In den meisten Unternehmen werden Verträge in Papierform aufbewahrt und für die Verwaltung und die Verfolgung der wichtigsten Vertragsbedingungen und Meilensteine werden beispielsweise Excel-Tabellen angelegt. Die Kombination aus Dokumenten in Papierform und Dateien in Netzwerkordnern ist weit verbreitet. Dieses Multi-Speicherungsformat kann jedoch große Probleme für alle diejenigen, die für die Vertragsverwaltung verantwortlich sind, verursachen. Wie finden Sie zum Beispiel alle im März ablaufenden Verträge oder alle Verträge, die in den letzten zehn Jahren mit einer bestimmten Agentur abgeschlossen wurden?

Was sollte man bei der Auswahl einer Vertragsmanagement-Lösung grundsätzlich beachten?

Eckhard: Ich erachte es als sinnvoll, für das Vertragsmanagement ein System zu nutzen, das die abgelegten Dateien mit sogenannten Metadaten versehen kann. Diese sind übergeordnete, allgemeinere Informationen zu der Datei und beinhalten beispielsweise den Autoren, das Datum und den Dokumenttyp. Durch die Nutzung von Metadaten kann ein Vertrag, oder auch jedes andere beliebige Dokument, in seinem Kontext gefunden werden. Zusätzlich hat man alle zu dem Dokument gehörigen Informationen auf einen Blick. Oder man kann sich alle Verträge, die bestimmte Kriterien erfüllen, wie zum Beispiel den gleichen Vertragspartner, auf einen Blick anzeigen lassen. Einfach ausgedrückt können auf diese Art Verträge basierend darauf, »was« sie sind (also auf ihren Inhalten) gefunden werden, anstatt sich darüber Sorgen machen zu müssen, »wo« sie gespeichert wurden.

Was ist bei der Auswahl der richtigen Lösung sonst noch zu beachten?

Eckhard: Bei der Wahl der geeigneten Vertragsmanagement-Lösung gibt es ein paar Dinge zu beachten. Ein gutes Vertragsmanagementsystem sollte zunächst einmal die Verträge anhand der wichtigsten Vertragsparameter verwalten können. Das bedeutet, wann läuft ein Vertrag aus, verlängert er sich automatisch oder muss in bestimmten Zeitabständen der Vertrag überprüft werden. Einen weiteren großen Vorteil bietet die Automatisierung von Workflows, wie die Vertragsprüfung und Genehmigungsprozesse. So erhöhen Unternehmen nicht nur die Effizienz und Transparenz in der Verwaltung von Verträgen, sondern sorgen auch dafür, dass die zuständigen Mitarbeiter die Verträge fristgerecht überprüfen und genehmigen. So wird sichergestellt, dass keine wichtigen Vertragsbedingungen, Meilensteine und Fristen verpasst werden. Außerdem verzeichnen Unternehmen, die eine Lösung für die Automatisierung des Vertragsmanagements nutzen, in der Regel beschleunigte Verkaufs- und Vertragsgenehmigungsprozesse sowie reduzierte Abschlüsse und niedrigere Transaktionskosten. Darüber hinaus sollte sich die Vertragsmanagement-Lösung nahtlos in die vorhandenen Geschäftssysteme integrieren lassen, damit Informationen, die sich in verschiedenen Systemen befinden, zentral abgerufen werden können. So vermeiden Sie Duplikate von Dateien und Informationen. Ein gutes Vertragsmanagementsystem bringt die geschäftskritischen Daten aus verschiedenen Systemen und Ablageorten in einer intuitiv nutzbaren Anwendung zusammen.

Wie würden Sie das Angebot an entsprechenden Lösungen beurteilen?

Eckhard: Insgesamt muss man ehrlicherweise sagen, dass sich die Vertragsmanagement-Lösungen am Markt sehr ähnlich sind. Wovon ich definitiv abraten würde, ist ein Excel-basierendes Management der Verträge. Dabei geht Ihnen schnell die Übersicht über die vielen Verträge verloren und Sie müssen alle Verträge manuell pflegen. Wenn man sich dann die Vertragsmanagement-Lösungen anschaut, sieht man, dass sie mehr oder weniger alle mit denselben Versprechen werben: Verträge transparent an einem Ort verwalten, das Vertragsmanagement beschleunigen und keine Fristen mehr verpassen. Bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, dass sich die Software in einigen Punkten doch deutlich voneinander unterscheiden: mal lässt sich die Software nicht individuell konfigurieren, mal gibt es keine Cloud-Lösung oder keine elektronische Signaturlösung. Bei der Wahl des für die eigene Firma perfekten Vertragsmanagementsystems sollten Sie daher genau hinsehen. Auch wenn manche Features vielleicht aktuell nicht für Ihre Firma relevant sind, kann es von Vorteil sein, diese in ein paar Jahren nutzen zu können. Unternehmen wachsen und die digitale Welt wandelt sich täglich – und damit Sie nicht in ein paar Jahren eine neue Software anschaffen müssen, sollten Sie eine skalierbare und flexible Lösung suchen. Nicht vernachlässigt werden sollte hier auch die Anforderung, dass die Lösung für das Vertragsmanagement im Idealfall in die Landschaft bereits bestehender Systeme integrierbar ist. So sind vor und nachbereitende Arbeiten, wie das Zusammenführen beziehungsweise Verdichten mit anderen Informationen sichergestellt. Andernfalls holt man sich eine Insellösung ins Haus, die dann vielleicht besser als Excel, aber eben dennoch losgelöst von anderen Systemen läuft und dann doch wieder nicht die definitiv erreichbare Erleichterung und Optimierung bietet.

Wo liegen die größten Fortschritte, die hier bei der Produktentwicklung in der letzten Zeit gemacht wurden?

Eckhard: Heutzutage finden wir bei Vertragsmanagementsystemen zunehmend KI-gestützte Komponenten, die das Einpflegen von Dateien in das System zum Beispiel durch Vorschläge der passenden Metadaten unterstützen. »Kollege KI« liest also quasi den Vertrag durch und schlägt auf den Inhalt basierend die beschreibenden Daten vor und hilft so, Fehler zu vermeiden und die Verschlagwortung einheitlich zu gestalten. Eine weitere spannende Entwicklung, die die Erstellung von Verträgen deutlich vereinfacht, sind Tools, die das Vergleichen von Vertragsversionen auf einen Blick ermöglichen. Mit ihnen können Sie mehrere Versionen eines Dokumentes miteinander vergleichen, bekommen die vorgenommenen Änderungen auf einen Blick angezeigt, und können jederzeit zu einer vorherigen Version zurück wechseln.

Inwiefern helfen auch elektronische Signaturlösungen?

Eckhard: Elektronische Signaturlösungen eliminieren den sonst üblichen Medienbruch bei der Unterzeichnung eines Vertrages, der durch das Ausdrucken, Unterzeichnen und das anschließende Einscannen entsteht. Daher gilt: wenn Sie nicht nur die effiziente Verwaltung von Verträgen, sondern den gesamten Vertrags-Life-Cycle abdecken wollen, sollte die Lösung unbedingt auch die Möglichkeit bieten, mit elektronischen Signaturen zu arbeiten.

Wo sehen Sie noch Lücken bei der Abdeckung typischer Vertragsmanagementaufgaben?

Eckhard: Insbesondere Vertragsmanagementlösungen auf Basis eines ECM-Systems sind bei der Abdeckung der typischen Aufgaben im Vertragsmanagement sehr umfassend, da sie durch die freie Konfigurierbarkeit der Metadaten und die spezifische Erstellung der Workflows sehr leicht auf individuelle Bedürfnisse angepasst werden können. Bei ihnen sehe ich aktuell keine Lücken bei der Aufgabenabdeckung.

Worauf sollten Anwender bei der Projektrealisierung am meisten achten?

Eckhard: Die Wahl einer offenen Plattform ist ein wichtiger und wesentlicher Punkt bei der Einführung eines Vertragsmanagementsystems. Was hilft einem eine fertige Vertragsmanagementlösung, wenn sie nicht an die wechselnden Anforderungen angepasst werden kann und dem Wachstum der eigenen Organisation nicht standhält? Außerdem gilt es, den einzelnen Mitarbeiter auf dem Weg in die digitale Welt mitzunehmen, um seine Akzeptanz zu erhalten. So sorgen Sie dafür, dass das System auch genutzt wird.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.