Published On: 18. Februar 2025Von

Erstes TR-RESISCAN-Scanverfahren in hessischer Behörde

Für rund ein Drittel der veranschlagten Kosten ist es gelungen, in der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Hessen ein zertifiziertes TR-RESISCAN-Verfahren zu realisieren. Basis des Erfolgs ist die kollegiale Zusammenarbeit zwischen dem Team der Scanstelle und dem Lieferanten der Scanhard- und Scansoftware Janich & Klass.

Regierungspräsidium Kassel

02-13-RP-Kassel

Hauptsitz des Regierungspräsidiums Kassel (Bild: RP Kassel)

Leuchtturmprojekt mit Vorbildfunktion im Scan-Umfeld

Als erste Behörde in Hessen – und als eine der ersten in Deutschland überhaupt – ist das Regierungspräsidium Kassel (RP) in der Lage, das ersetzende Scannen nach der strengen Technischen Richtlinie TR RESISCAN durchzuführen. Entsprechend stolz ist das ganze Projektteam um Thomas Ferro, der in der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Hessen als Sachgebietsleiter Zentralbereich und ResiScan-Stelle fungiert: »Sowohl für das Land Hessen als auch für unser Dezernat war das gesamte Projekt etwas ganz Besonderes. Schließlich bekommt man nicht alle Tage ein solches Leuchtturmprojekt, das nun als Vorbild für viele andere Scanstellen dienen kann«.

Nach der erfolgreichen Zertifizierung und deren Bekanntwerden erhält das RP beziehungsweise die ResiScan-Arbeitsgruppe aus anderen Bundesländern oder anderen hessischen Dienststellen immer wieder Anfragen von Verantwortlichen, die sich das BSI-zertifizierte Verfahren TR RESISCAN anschauen und darüber informieren möchten.

Dieses wurde gemeinsam mit dem deutschen Hersteller von Hochleistungsscannern und Scansoftware Janich & Klass realisiert, der die entsprechende Hard- und Software liefert. Darüber hinaus war Janich & Klass für die im Rahmen der Zertifizierung erforderlichen Support- und Anpassungsleistungen verantwortlich.

»Mit unserer Zertifizierung haben wir in ein Wespennest gestochen, und der Bedarf ist offensichtlich sehr groß«, sagt Ferro. Mitte 2021 standen wir mit unserem Projektteam vor der Aufgabe, den gesamten Posteingang der Zentralen Bußgeldstelle revisionssicher zu digitalisieren, damit die Papierdokumente nach dem Scanvorgang vernichtet werden können. Vorgabe des Landes Hessen war die Einhaltung der Technischen Richtlinie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) TR RESISCAN mit dem Kürzel BSI TR-03138 RESISCAN. Sie soll in Justiz, Verwaltung, Wirtschaft und Gesundheitswesen als Handlungsleitfaden und Entscheidungshilfe dienen, wenn es darum geht, Papierdokumente nicht nur zu scannen, sondern nach Erstellung des Scanproduktes auch zu vernichten. Die TR RESISCAN bezieht sich insbesondere auf Anwendungen, in denen gesetzliche oder anderweitig begründete Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten bestehen, die einen besonderen Umgang mit den digitalisierten Dokumenten erfordern, wenn das Original vernichtet werden soll.

Weiternutzung der Scaninfrastruktur senkt Kosten erheblich

In der Zentralen Bußgeldstelle in Kassel werden täglich zwischen 8.000 und 14.000 neue Vorgänge mit Dokumenten unterschiedlicher Seitenzahl bearbeitet. Diese wurden zwar auch in der Vergangenheit gescannt, aber im Anschluss entsprechend der jeweiligen Aufbewahrungsfristen aufbewahrt. »Im Rahmen des zertifizierten Prozesses haben wir uns nun auf eine Aufbewahrungsfrist der Belege von 100 Tagen festgelegt, um für eventuelle Rückfragen innerhalb der regulären Bearbeitungszeit gewappnet zu sein«, berichtet Ferro.

Für den Budgetrahmen hatte das Land Hessen einen höheren sechsstelligen Euro-Betrag vorgesehen. Als erfreuliches Ergebnis konnte nach der Prüfung der TR RESISCAN durch die Projektgruppe festgestellt werden, dass die vorhandene Infrastruktur aus Hochleistungsscannern und Software weiter genutzt werden konnte. Sie musste lediglich um zusätzliche Komponenten erweitert werden, um den Anforderungen von TR-RESISCAN gerecht zu werden. Insgesamt konnten so zwei Drittel der veranschlagten Kosten eingespart werden.

Scan-Arbeitsplatz im RP Kassel

02-13-25-RP-Kassel-Scannstelle

Scan-Arbeitsplatz im RP Kassel (Bild: RP Kassel)

XINO S700 und DpuScan erfüllen alle Anforderungen

Im Einsatz sind nun fünf Hochleistungsscansysteme XINO S700 und die Scansoftware DpuScan von Janich & Klass. Ein Teil der Anforderungen an die Scanhardware hat sich aus TR RESISCAN ergeben. So dürfen die Scanner nur flüchtige Speicher besitzen, um zu vermeiden, dass unter Umständen gescannte Daten aus dem Gerät ausgelesen werden können. Zudem war der Scanstelle des Regierungspräsidiums Kassel wichtig, dass sie mit den Geräten performant und bedienerfreundlich arbeiten kann. Ein gutes Handling gewährleisten beispielsweise die motorische Höhenverstellung und verschiedene Positionierungsmöglichkeiten der Arbeitsplatten sowie ein großes, gut lesbares Colour Touch Bedienpanel. Die unterschiedlichen Bedienoberflächen lassen sich kundengerecht konfigurieren.

Die Scansysteme bieten ein variables Feeder-System, wahlweise mit mittiger oder linksseitiger Beleganlage, bei dem die Stapelhöhe bis zu 800 Blatt reichen kann. Die integrierte Ultraschalldoppelblatterkennung verfügt über fünf getrennt zu steuernde Sensoren, die die Belegbreite abdecken und die produktive Verarbeitung von unterschiedlichem Belegmaterial sicherstellen. Das optische System inklusive Kamera mit 600 dpi Auflösung ist staubschutzgekapselt und die LED-Beleuchtung sorgt für eine optimale Ausleuchtung. Je nach gewähltem Modell erreichen die Geräte der XINO 700 Serie Geschwindigkeiten von 130 bis 220 Blatt pro Minute.

Hochleistungsscanner und Scansoftware sind VOI-zertfiziert

Sowohl für die Hochleistungsscansysteme der XINO 700 Serie als auch für die Scansoftware DpuScan Version 7 bescheinigt die Zertifizierungsstelle des VOI die Einhaltung der technischen Spezifikationen der TR RESISCAN. Die in Deutschland entwickelte Scansoftware von Janich & Klass ist für zentrale Scan-Lösungen mit hohem Durchsatz und großem Volumen sowie für dezentrales, abteilungsbezogenes Arbeiten konzipiert. Auch für Single-, Dual- und für Multistream-Verarbeitung bietet DpuScan Funktionen zur Scanner-Steuerung, Imagebearbeitung, Erkennung, regelbasierte Auswertung/Strukturierung und Speicherung der gescannten Bilder.

In der Scanstelle des Regierungspräsidiums Kassel galt es nun, mit den Hochleistungsscannern und der Scansoftware von Janich & Klass einen Scanprozess aufzubauen, der den Vorgaben der TR RESISCAN entspricht. »Unsere Aufgabe bestand darin, das Regelwerk des BSI komplett aufzuschlüsseln und schrittweise an die einzelnen Stellen in unserem Haus anzupassen. Letztendlich waren der Entwicklungsprozess und der Abgleich mit den Vorgaben der zeitaufwändigste Teil des gesamten Prozesses«, berichtet Ferro. So führte beispielsweise die Festlegung der notwendigen Verfügbarkeit »hoch« bei einer der zu verarbeitenden Dokumentklassen dazu, dass eine dreiprozentige Stichprobenkontrolle notwendig wurde. Die Scanergebnisse konnten also nicht mehr direkt in die weitere Verarbeitung übernommen werden. Vielmehr mussten die Verantwortlichen dafür sorgen, dass die zu scannenden Dokumente auf jeweils ungefähr 100 Seiten begrenzt und die Stichprobenkontrolle so einfach wie möglich gestaltet wurde. Die technisch ausgewählten Seiten werden dann vom Personal mit dem Original verglichen. Da das TR-RESISCAN-Verfahren ein Vier-Augen-Prinzip vorschreibt, dürfen die Mitarbeitenden, die die Stichprobenkontrolle durchführen, nicht mit den Mitarbeitenden identisch sein, die den Scanvorgang durchführen.

Änderungen im Scanprozess durch TR RESISCAN

Thomas Ferro ist in der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Hessen Sachgebietsleiter Zentralbereich und ResiScan-Stelle

Thomas Ferro ist in der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Hessen Sachgebietsleiter Zentralbereich und ResiScan-Stelle (Bild: RP Kassel)

Der zertifizierte Prozess nach TR RESISCAN bedingt nun auch das Mitliefern eines Transfervermerks und die Siegelung des elektronischen Dokuments. Beides wird über die Scansoftware DpuScan realisiert. Aus dem Transfervermerk geht beispielsweise hervor, wer das Dokument gescannt und wer es gesiegelt hat. Sollte jemand das Dokument verändern, würde dieses Siegel gebrochen und der Transfervermerk seine Gültigkeit verlieren.

Zur Vorbereitung des Zertifizierungsaudits musste jeder einzelne Arbeitsschritt festgelegt, geprüft und dokumentiert werden. Ein zertifizierungsberechtigter Berater, von denen es derzeit nur vier in Deutschland gibt, begleitete diesen Prozess. Im Dezember 2023 fand schließlich das eigentliche Audit statt, das fünf Arbeitstage in Anspruch nahm. Ferro erinnert sich: »Alle Beteiligten hatten dabei dem Auditor des BSI Rede und Antwort zu stehen. Sämtliche Prozesse mussten mündlich beschrieben und praktisch demonstriert werden. Vertreter von Janich & Klass waren ebenfalls anwesend, um ihre Produkte zu beschreiben und entsprechende Fragen zu beantworten.«

Verbesserungen und Nutzen für die Bußgeldstelle

Auch wenn der Aufwand für die Scanstelle selbst eher etwas höher geworden ist, hat der zertifizierte TR-RESISCAN-Prozess Verbesserungen und Vorteile für die gesamte Zentrale Bußgeldstelle gebracht. Diese kann nun vollständig digital und damit schneller und effizienter arbeiten. So ist es beispielsweise zukünftig nicht mehr notwendig, dass Registraturkräfte bei Anfragen Papierakten aus dem Archiv holen. »Außerdem können wir fast vollständig auf Papierpost verzichten. Wenn zum Beispiel ein Anwalt Akteneinsicht beantragt, erhält er diese in elektronischer Form. Durch das revisionssichere Scannen ist sichergestellt, dass alles mit dem Original übereinstimmt«, erklärt Ferro.

Immerhin hat die Scanstelle den Vorteil, dass das Archiv mit den Belegen aufgrund der Aufbewahrungsfrist von 100 Tagen deutlich kleiner geworden ist. Am Ende ist man in Ferros Team aber vor allem stolz darauf, als eine der ersten behördlichen Scanstellen die TR RESISCAN-Zertifizierung überwiegend mit eigenem Personal und in direkter Zusammenarbeit mit dem Hersteller der Scannerhard- und -software weit unter den veranschlagten Kosten geschafft zu haben.

Das Projekt im Überblick

Herausforderungen:

  • Realisierung des Ersetzenden Scannens nach TR RESISCAN in der Zentralen  Bußgeldstelle des Landes Hessen
  • Etablierung eines zertifizierten Prozesses für die Digitalisierung von 8.000 bis 14.000 Vorgängen pro Tag
  • Rechtssicherheit bei der digitalen Verarbeitung und Weitergabe der digitalisierten Dokumente

Lösung:

  • Weiternutzung und Ausbau der vorhandenen Scan-Infrastruktur mit den Hochleistungsscansystemen XINO S700 und der Scansoftware DpuScan von Janich & Klass
  • Kollegiale Teamarbeit zwischen Scanstelle und Hersteller zur Anpassung des Scanprozesses an die technische Richtlinie zum ersetzenden Scannen
  • Fünftägiges BSI-Audit bei dem die dokumentierten Scanverfahren mündlich beschrieben und praktisch demonstriert wurden

Vorteile:

  • Rund zwei Drittel der veranschlagten Projektkosten im hohen sechsstelligen Euro-Bereich konnten eingespart werden
  • Die Akteneinsicht und Weiterverarbeitung der Dokumente kann rein digital und rechtssicher erfolgen, so dass die Bearbeitungszeiten und -kosten deutlich sinken
  • Papierbasierte Originalunterlagen können vernichtet werden

Weitere Artikel

Erstes TR-RESISCAN-Scanverfahren in hessischer Behörde

18. Februar 2025|

Für rund ein Drittel der veranschlagten Kosten ist es gelungen, in der Zentralen Bußgeldstelle des Landes Hessen ein zertifiziertes TR-RESISCAN-Verfahren zu realisieren. Basis des Erfolgs ist die kollegiale Zusammenarbeit zwischen dem Team der Scanstelle und dem Lieferanten der Scanhard- und Scansoftware Janich & Klass.

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.
Nach oben