Das sagen Vertreter aus der ECM-Branche zum Ende der Cebit

Jens Büscher, Gründer und Geschäftsführer des mittelständischen Softwareunternehmens für Enterprise Content Management AMAGNO aus Oldenburg bedauert das Ende der Cebit. Er hat 2018 in Kenntnis des neuen Konzepts noch einmal viel in den Cebit-Auftritt seines Unternehmens investiert. Nach der Messe zog er ein geteiltes Fazit. Einerseits lobte er, dass nach außen ein Neustart gelungen war, andererseits sah er im wesentlichen Kern noch erhebliche Defizite. Da es nach Gesprächen mit Cebit-Verantwortlichen zunächst so aussah, als wären Nachbesserungen möglich, hatte er die Teilnahme seines Unternehmens für 2019 bereits zugesagt.

Kommentar von Jens Büscher, Amagno, zum Aus der Cebit

Jens Büscher an seinem Cebit-Stand von Amagno in diesem Jahr (Bild: A.Stadler)

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Jens Büscher an seinem Cebit-Stand von Amagno in diesem Jahr (Bild: A.Stadler)

Büscher meint nun: »Wir haben mit unserer großen Cebit-Präsenz 2018 gezeigt, dass wir an eine umfassende Digitalmesse in Deutschland glauben und diese auch benötigt wird, um die digitale Innovationskraft von Deutschland im weltweiten Kontext zu zeigen. Viele Punkte, die wir als Verbesserungsvorschlag bereits auf der Messe angebracht haben, sind als Umsetzung für 2019 angekündigt worden. Insbesondere ein wieder verstärkter Fokus auf den Businesskontext. Auf dieser Basis haben wir für 2019 erneut zugesagt. Daher bedauern wir die Entscheidung natürlich.

Mein Eindruck, aber schon seit Jahren: Das gesamte Format, wie Kunden Lösungen vermittelt bekommen, ist mit einem klassischen Messekonzept nicht mehr abbildbar. Es gibt keine exklusive »Revolutionen« mehr, die man nur auf der Messe sieht, insbesondere im ECM-Markt. Die Anbieterwebseiten vermitteln bereits umfassende Infos über ECM-Lösungen bis hin zu uneingeschränkten Versionen in der Cloud. Aus welchem Grund kommen die Menschen also noch zu einer reinen Anbietermesse? Wir verfolgen ja den drastischen Untergang der übrigen Messen der letzten Jahre mit klassischem Ausstellerkonzept. Es musste eine Änderung her. Kunden möchten Mehrwerte konsumieren, Vorträge, tolle Speaker, Entertainment und nicht in Gängen vom klassischen Vertrieb angesprochen werden. Interessenten müssen auf die Anbieter zugehen wollen und nicht anders herum.

Auf dieser Basis bauen sich bereits zahlreiche neue Veranstaltungsformate von Veranstaltern, Verbänden und Verlagen auf, die dieses Konzept aufgreifen und Lösungen, wie ECM integrieren, zum Beispiel DCX Expo und Smartcountry.

Hier wird es spannend werden, wo sich die meisten Anbieter künftig sammeln werden.«

Kommentar von Jürgen Biffar, Docuware, zum Aus der Cebit

Jürgen Biffar, Geschäftsführer Docuware, am Cebit-Stand seines Unternehmens 2018 (Bild: A.Stadler)

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Jürgen Biffar, Geschäftsführer Docuware, am Cebit-Stand seines Unternehmens 2018 (Bild: A.Stadler)

Enttäuscht und auch etwas selbstkritisch in Bezug auf das Engagement der Aussteller äußert sich Jürgen Biffar, Geschäftsführer des Herstellers von ECM-Software DocuWare zum Ende der Cebit und nimmt dabei sogar explizit einen Konkurrenten seines Unternehmens aus seiner Kritik heraus:

»Ich bin selbst sehr enttäuscht und ratlos. Leider kenne ich die Hintergründe nicht im Detail. Auch ich sehe eine Mitverantwortung bei uns Ausstellern, kaum einer hat sich in den letzten Jahren besonders engagiert. Man ist hingegangen und hat gewartet, was passiert. Früher haben wir noch selbst aktiv Marketing für unseren Messeauftritt gemacht und uns überlegt, mit welchen Attraktionen wir die Besucher auf unsere Stände locken. Die letzten Jahre ist da kaum noch etwas passiert. Windream war bei der letzten Cebit eine leuchtende Ausnahme. Wenn wir uns alle so ähnlich engagiert hätten, wäre auch die letzte Cebit ein Erfolg geworden.

Ich finde das alles sehr schade, da ich glaube, auch unsere Industrie braucht noch Events, wo die Menschen zusammenkommen. Die Cebit war vom Format her dafür gut geeignet.«

Peter Schnautz von Inotec sieht Cebit-Ende ohne Not

Inotec-Geschäftsführer Peter Schnautz war 25 Jahre der Cebit als Aussteller treu (Bild: Inotec)

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Inotec-Geschäftsführer Peter Schnautz war 25 Jahre der Cebit als Aussteller treu (Bild: Inotec)

Der Hersteller von Hochleistungsscannern InoTec war bis 2017 seit seiner Gründung 25 Jahre als treuer Aussteller auf der Cebit vertreten. Für Geschäftsführer Peter Schnautz war sie die wichtigste nationale und internationale IT-Veranstaltung. 2018 entschied er sich gegen eine Teilnahme, da er das veränderte Konzept aus verschiedenen Gründen – die laut folgender Aussage auch zum endgültigen Aus der Cebit führten –  nicht passend fand.

»InoTec teilt nicht die Meinung der Deutschen Messe AG, dass eine Horizontalmesse wie die Cebit bei der IT-Welt keinen hohen Stellenwert mehr besitzt. Und es sind auch nicht die rückläufige Nachfrage von Ausstellerseite oder die sinkenden Besucherzahlen, die zum Ende der Cebit geführt haben. Vielmehr war es die Entscheidung der Deutschen Messe AG, in 2018 ein neues Konzept einzuführen und den bewährten B2B-Fokus aufzugeben.

Dass dies zwingend notwendig gewesen sei, um eine weitere Abwärtsentwicklung zu verhindern, ist nicht nachzuvollziehen. Denn in 2017 hatten sich die Zahlen stabilisiert. 200.000 Besucher und mehr als 3.000 Aussteller sind für eine B2B-Messe eine gute Bilanz. Dies ist auch mit Blick auf die eingestellte IT & Business in Stuttgart zu sehen. Für die DMS Branche gab es nur noch die Cebit.

Den Fokus auf die Fachbesucher zu legen und die Hallen nach Themenschwerpunkten zu sortieren, haben der Cebit gut getan. Die Messe hatte seit 2014 eine klare Struktur und bot Besuchern in kompakter Form die Möglichkeit, sich die wichtigsten Produkte und Lösungen ihres Fachgebiets anzuschauen und zu bewerten.

Deshalb ist es umso unverständlicher, ohne Not das Konzept für 2018 komplett umzukrempeln. Warum hätten B2B-Veranstaltung und eine schrittweise Erweiterung des Festival-Charakters nicht nebeneinander existieren können?

Fatal war auch der neue Messe-Termin im Juni. Der Vertrieb vieler B2B-Unternehmen basiert auf längeren Entscheidungsprozessen und Verkaufszyklen. Der März-Termin war daher ideal, gerade auch im Hinblick auf das Jahresendgeschäft. Zusätzlich war der März-Termin bei vielen internationalen Partnern von Inotec gesetzt und ein Jahresbestandteil. Die Verlegung auf Juni sorgte gerade im internationalen Umfeld von Inotec für erhebliche Irritationen und Ablehnung. Das Cebit Konzept 2018 hat viele internationale Gäste von einer Teilnahme abgehalten.

Hinzu kommt, dass eine Entscheidung mit solch einer Tragweite, wie in 2017, nicht im Vorfeld mit allen Ausstellern offen diskutiert wurde. Im Gegenteil: Viele wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Es genügt nicht, nur die großen Hersteller und die großen Fachverbände, zumal das dieselben großen Hersteller sind, zu konsultieren. Deren Meinung mag für einige ein höheres Gewicht haben, doch eine Messe lebt von der Vielfalt, das hat die Absage der Cebit gezeigt.

Inotec ist durchaus offen für eine Teilnahme an der Hannover Messe. Aber die Frage ist, ob die Deutsche Messe das Thema DMS/ECM dort richtig aufgehoben sieht. Momentan haben wir diesen Eindruck nicht. Zentral für unsere Entscheidung wird sein, dass die Messe-Verantwortlichen aus den Kommunikationsfehlern der Vergangenheit gelernt haben und einen kontinuierlichen und offenen Dialog mit allen Anbietern der Branche etablieren.«

About the Author: Annette Stadler

Annette Stadler ist IT-Journalistin und leitet das Online-Portal ECMGUIDE.