Entlassungen nach Übernahme von Micro Focus durch Opentext
Tech-Konzerne wie Microsoft, Google und SAP entlassen in diesen Wochen viele Beschäftigte. Im Zuge der gerade abgeschlossenen Übernahme von Micro Focus plant auch Opentext, etwa acht Prozent der Belegschaft abzubauen. Dies entspricht etwa 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der rund 25.800 Angestellten von Opentext und Micro Focus.
Willkommen – aber nicht alle
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Die im August letzten Jahres angekündigte Übernahme von Micro Focus durch OpenText ist nun abgeschlossen. Mark J. Barrenechea, Opentext CEO und CTO »möchte die Kunden, Partner und Mitarbeiter von Micro Focus bei Opentext willkommen heißen« und erklärt: »Digitales Leben ist Leben, und mit den großartigen Produkten und Mitarbeitern von Micro Focus werden wir Unternehmen jeder Größe dabei unterstützen, ihre digitale Transformation zu beschleunigen.« Nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden an dieser Mission teilhaben. Zu den Abschlussbedingungen der Akquisition zählt, dass das kombinierte Unternehmen einen Personalabbau von etwa acht Prozent vornehmen wird. Dabei kann es sowohl Beschäftigte von Opentext mit rund 14.800 als auch von Micro Focus mit über 11.000 Beschäftigen treffen. Daneben rechnet Opentext durch das Zusammenführen der Unternehmen mit Kostensynergien in Höhe von 400 Millionen Dollar.
Finanzieller Hintergrund des Opentext-Micro-Focus-Deals
Mit Produkten in den Bereichen Cybersicherheit, IT-Betriebsmanagement, Applikationsentwicklung sowie Kommunikation und Messaging hat das britische Unternehmen Micro Focus im vergangenen Geschäftsjahr einen Jahresumsatz von 2,7 Milliarden Dollar erzielt. Opentext lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 3,5 Milliarden Dollar. Vorbehaltlich abschließender Anpassungen werden als Gesamtkaufpreis für Micro Focus nun circa 5,8 Milliarden Dollar einschließlich der Barmittel und Verbindlichkeiten von Micro Focus genannt. Dieser Preis entspricht dem 6,7-fachen des bereinigten EBITDA von Micro Focus.
Bei einer Bilanzsumme von 9,3 Milliarden Dollar betrugen die Verbindlichkeiten von Micro Focus zum Geschäftsjahresende am 31. Oktober 2021 6,77 Milliarden Dollar, die sich auch mit einigen Übernahmen in der Vergangenheit begründen lassen. 2016 übernahm Micro Focus für 2,5 Milliarden Dollar den Großteil des Softwarebereichs von Hewlett Packard Enterprise (HPE) und Serena Software für 540 Millionen Dollar. Zwei Jahre davor fand die Übernahme der Attachmate Group mit den Töchtern Novell und SUSE statt und 2009 der Kauf von Borland. Gerade der Kauf des HPE-Softwarebereichs erwies sich als schwieriges Unterfangen und brachte Micro Focus in Schieflage.
Opentext und Micro Focus tätigten viele Übernahmen
Für Opentext stellt sich nun die große Aufgabe, die unterschiedlichen Produkte zu integrieren, vor dem Hintergrund, selbst bereits zig verschiedene Produktlinien zu besitzen, die aus der Historie und vielen Übernahmen heraus zustande kommen. Von der Gründung 1991 an war das Kerngeschäft des US-/kanadischen Unternehmens Opentext der Bereich Enterprise Content beziehungsweise Enterprise Information Management (ECM/EIM). Mit dem Kauf von Ixos 2005 startete eine enge Zusammenarbeit mit SAP, um Dokumente aus dem ERP-Bereich rechtskonform aufzubewahren und Prozesse systemübergreifend zu digitalisieren. Immer wieder kaufte Opentext Unternehmen hinzu, um ergänzende Produkte in das eigene Portfolio zu integrieren. Etwas anders verlief 2016 der Kauf der ECM-Lösung »Documentum«, die als eigenständige Lösung weiterentwickelt und mit bestehenden Opentext-Lösungen verknüpft wird. In den vergangenen Jahren hat sich Opentext mit Unternehmenskäufen im Security-Bereich wie Carbonite, Guidance Software und Zix auch hier ein Standbein geschaffen. So ist der Security-Bereich ein Feld, das Micro Focus und Opentext bedienen. Was sonst durch Micro Focus hinzukommt, ist für Opentext mehr oder weniger Neuland.
Strategie zur Integration von Micro Focus
Opentext-Chef Barrenechea stellt sich folgende Strategie vor: »Mit dieser Übernahme verstärkt Opentext seine Mission, Unternehmen dabei zu helfen, ihre Prozesse abzusichern, tiefere Einblicke und Erkenntnisse aus ihren Daten zu erhalten und eine zunehmend hybride und komplexere digitale Struktur besser zu verwalten – mit einer neuen Generation von Tools, die Cybersecurity, Digital Operations Management, Applications Modernization & Delivery und AI & Analytics umfassen. Diese neue Generation von Informationsmanagement-Software wird Unternehmen dabei helfen, ihre digitale Transformation voranzutreiben, ihr Wachstum zu sichern und gleichzeitig Kosten zu senken.« Die Abschlussbedingungen der Akquisition sehen vor, dass es innerhalb von sechs Quartalen oder früher für Micro-Focus-Produkte eine Übernahme des Opentext-Betriebsmodells geben soll.