Fax-Verbot in Bayern – braucht niemand
Digitalminister Fabian Mehrung plant »Fax-Bann«
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»Neue Besen kehren gut«, sagt man. Das stimmt. Letztlich kommt es aber nicht nur auf den Besen an, sondern auch auf den, der ihn schwingt. 2011 hatte eine Putzfrau im Museum Ostwall in Dortmund einen Gummitrog sauber geschrubbt – den der Künstler Martin Kippenberger aber als Teil seiner Installation »Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen« extra mit Patina versehen hatte. Das Kunstwerk war immerhin mit 800.000 Euro versichert. Ähnlich erging es der Installation »Fettecke« von Joseph Beuys, die 1986 in der Düsseldorfer Kunstakademie beim Putzen einfach weggewischt wurde. Man sieht also: Das beste Werkzeug nutzt nichts, wenn es unsachgemäß verwendet wird.
Generell kann man aber schon sagen, dass sich mit neuen und guten Werkzeugen besser arbeiten lässt. Das Fax-Gerät gehört in den Augen der meisten Deutschen nicht mehr in diese Kategorie. Es ist vom hilfreichen, schnellen und zuverlässigen Datenübertrager der 1980er-Jahre zur Lachnummer verkommen. Wann auch immer man Rückständigkeit anprangern oder technische Unfähigkeit brandmarken will, muss das Fax herhalten.
Was läge da für einen verhältnismäßig jungen (Jahrgang 1989) neuen bayerischen Staatsminister für Digitales rund einen Monat nach Amtsantritt näher, als dem alten Fax-Gerät in der Ecke einen Fußtritt zu geben. Zum Auftakt ist es ja ein guter Gegner, es kann sich ja nicht wehren: Fabian Mehring (Freie Wähler) spricht deshalb einen Fax-Bann aus.
»Fax-Bann« als Digitalisierungs-Turbo
»Wenn klar ist, dass wir das Fax aus Bayerns Amtsstuben verbannen, erzeugt das einen Handlungsdruck zugunsten der Digitalisierung, der als Innovationsbeschleuniger wirkt«, beschreibt Mehring die Strategie. Lustig ist, dass er damit genau das Konzept umsetzen will, dass sein Fraktionsvorsitzender zum Beispiel bei Autos oder Heizungen vehement bekämpft.
Aber bleiben wir beim Fax. In der Berichterstattung wurde daraus direkt ein »Fax-Verbot« (etwa beim BR und beim Stern), oder die »Abschaffung von Faxen« (bei der SZ und der Zeit). Das ist keine Kollegenschelte, es ist nur eine Beobachtung, wie die mit viel »Mia san Mia«-Pathos durchzogene Mitteilung bei der Öffentlichkeit angekommen ist: Verzerrt nämlich. Funfact: Mit einem Fax wäre das nicht passiert.
Faxe gibt es auch ohne Fax-Geräte
Das Problem: Nur weil es in den Amtsstuben keine Fax-Geräte mehr geben wird, heißt das noch lange nicht, dass es auch keine Faxe mehr geben wird. Das Bayerische Staatsministerium erklärt am Ende der aktuellen Pressemitteilung selbst: »Bürgerinnen und Bürger, so stellt Mehring klar, entstehe durch seinen Vorschlag kein Nachteil. Sie können ihrerseits auch weiterhin per Fax mit der Öffentlichen Verwaltung kommunizieren – auch mit dem Bayerischen Digitalministerium. Die Schreiben gingen dort dann gleich als digitales Computerfax ein und könnten von den Mitarbeitenden im Amt medienbruchfrei weiterverarbeitet werden.«
Aber wer liest eine Pressemitteilung schon bis zum Ende. Dem Minister dürfte es recht sein. Er ist mit seinem Vorstoß zur Ausrottung der Faxe prominent in den Medien – und hat kaum jemandem weh getan.
Warum verwenden Ämter Fax-Geräte?
Allerdings hat er auch nicht viel bewirkt. Denn warum verwenden Ämter Fax-Geräte? Ulrich Silberbach, der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, hat es gegenüber der Augsburger Allgemeinen 2021 gut auf den Punkt gebracht. »Einen Grund oder Vorteil, an Faxgeräten festzuhalten, gibt es aus unserer Sicht nicht, außer den Mangel an Alternativen.«
Dass im Öffentlichen Dienst oft noch gefaxt werde, liege an veralteter IT-Ausstattung und begrenzten Leitungskapazitäten, bedingt durch eine jahrzehntelange Sparpolitik. Beispielsweise könnten Architekten vielerorts keine Baupläne an Ämter mailen, weil die Leitungen das nicht hergeben. Ein weiteres Problem war damals laut Silberbach, dass Software von Bund, Ländern und Kommunen häufig nicht zueinander kompatibel sind und dadurch kein Datenaustausch möglich ist.
Deutlich besser geworden ist das seitdem nicht, die dieses Jahr offenbar gewordenen Defizite bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes haben das deutlich gemacht. Und bei Unternehmen sind Frust und Ärger über unzureichend digitalisierte Behörden auch 2023 noch groß, wie eine Bitkom-Umfrage kürzlich zeigte.
Das Fax abzuschaffen, ohne eine Alternative zu präsentieren, ist daher schlicht Populismus. Über die Notwendigkeit von Fax-Geräten mag man diskutieren – auch wenn die Rolle des Fax-Versands in deutschen Unternehmen nach we vor groß ist: Laut Bitkom faxten im Frühjahr 2023 in Deutschland noch 82 Prozent der Unternehmen. Ein Drittel (33 Prozent) der Unternehmen nutzt das Fax dabei sogar noch »häufig« oder »sehr häufig«
Allerdings ist es eben zum Beispiel im Medizin-Bereich kein großer Unterschied, ob ein Dokument in das Faxgerät eingelegt und die Nummer eingetippt (oder per Schnellwahltaste angewählt) wird, oder ob es auf den Scanner gelegt und eine E-Mail-Adresse angegeben wird. Der Arbeitsschritt Übermittlung unterscheidet sich kaum.
Spannend wird es bei der Ankunft des Dokuments beim Empfänger: Fällt es da als Papier aus dem Fax-Gerät oder landet es als digitales Dokument direkt in einem teilautomatisierten Workflow? Durch letzteres entsteht Mehrwert, lassen sich Prozesse beschleunigen und den Menschen manuelle Aufgaben abnehmen – sofern sie das übermittelte Dokument aus irgendeinem Grund nicht wieder als Papierdokument benötigen.
Ein Fax-Bann ist der falsche Weg
Deshalb ist ein Fax-Bann der falsche Weg. Wer sich auch außerhalb der Grenzen Bayerns umschaut, der könnte zum Beispiel die Erfahrungen des britischen NHS mit einem Fax-Verbot entdecken. Der damalige britische Gesundheitsminister Matt Hancock wollte den National Health Service modernisieren und setzte dem Fax-Gerät in dessen Einrichtungen eine Deadline bis April 2020. Im September 2019 war nicht einmal die Hälfte der anfangs 9.000 Fax-Geräte entfernt worden. Das Vorhaben scheiterte kläglich.
Der richtige Weg wäre, die nachgelagerten Prozesse digital zu machen, den Beamten und Mitarbeitern in den Behörden eine moderne oder zumindest gut brauchbare IT-Ausstattung zu verschaffen und sie gegebenenfalls in der Nutzung digitaler Tools zu schulen.
Lehren aus dem vermasselten Fax-Brexit
Hancock hat das erkannt. Ende 2020 kündigte er an: »Wir werden digitale Technologie nutzen, um das Personal zu entlasten, den Menschen die Tools und Informationen zur Verwaltung ihrer eigenen Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen und sicherzustellen, dass Patientendaten im gesamten System sicher abgerufen werden können, wo und wann immer sie benötigt werden.« Also keine Rede mehr von einem Verbot oder einer Abschaffung, sondern vielmehr das Versprechen, bessere Alternativen anzubieten – und darauf zu vertrauen, dass die sich durchsetzen werden.
Das klingt natürlich weniger spektakulär als einen Kreuzzug gegen das Fax-Gerät auszurufen. Es ist auch komplizierter und teurer, denn – das muss zugegeben werden – der Mensch ist ein Gewohnheitstier und hält gerne an überkommenen Abläufen fest. Dennoch ist er auch veränderungsfähig – wenn es sich für ihn lohnt.
Bis es in Bayerns Amtsstuben dann soweit ist, gibt es zahllose moderne Möglichkeiten, ohne das Piepsen im Ohr Faxe zu versenden: Cloud-Fax-Dienste wie OpenText Fax2Mail oder auch On-Premises nutzbare Dienste wie OpenText RightFax, Unifed-Messaging-Technologie wie sie Ferrari Electronic anbietet oder Digitronic auch schon in zahlreichen bayerischen Verwaltungen installiert hat, der in TK-Anlagen integrierte Fax-Server wie bei 3CX oder Standalone-Faxserver wie TWINFAX von COM2 oder auch die Option, Faxe aus E-Mail-Programmen oder der Weboberfläche von Kommunikations-Suiten wie bei Placetel heraus zu versenden, lassen die alten, gammeligen, vergilbten Fax-Geräte mit aufliegendem Hörer schnell vergessen und sind vielfältig in moderne Arbeitsumgebungen integrierbar. Wenn sie da sind und für alle Anwendungsfälle funktionieren, in denen heute noch ein Fax zum Einsatz kommt, dann können die alten Geräte auf den Elektroschrott. Sie aber rauszuwerfen, ohne einen Plan zu haben, wie sie ersetzt werden sollen, ist töricht.
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