Positiver konjunktureller Bitkom-Ausblick für Digitalbranche
Regelmäßig zu Beginn des Jahres gibt der Branchenverband Bitkom einen konjunkturellen Ausblick. Vor dem Hintergrund der kritischen Weltlage war dieser nach den Worten von Bitkom-Präsident Achim Berg in diesem Jahr mit besonderer Spannung und etwas Sorge erwartet worden. Doch glücklicherweise sind die Zahlen sehr erfreulich, »da Digitalisierung die Antwort auf viele multiple Krisen ist«, sagt Berg. So zeigt sich die Digitalbranche in einem von Krieg, Lieferketten und Inflation geprägten Umfeld sehr stabil und setzt weiter auf Wachstum.
Der Digitalverband Bitkom erwartet für die Unternehmen der IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik im laufenden Jahr ein Umsatzplus von 3,8 Prozent, die Umsätze werden mit 203,4 Milliarden Euro erstmals über die 200-Milliarden-Euro-Marke klettern. Zugleich soll die Beschäftigtenzahl um 3,4 Prozent auf 1,352 Millionen steigen. »Digitalisierung macht eine Volkswirtschaft resilienter, sie hilft bei globalen Herausforderungen wie dem Klimaschutz und sie erleichtert das Leben der Menschen, in der Gesundheitsversorgung ebenso wie im Bildungsbereich oder in der Mobilität«, erläutert Berg und fordert: »Wir müssen die Digitalisierung in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft verstärken und sollten mehr als nur eine Schippe drauflegen. Wir brauchen eine echte digitalpolitische Zeitwende.«
Software-Umsätze steigen am stärksten
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Das größte Wachstum kann die Informationstechnik verbuchen. Mit IT werden 2023 nach aktueller Prognose 126,4 Milliarden Euro umgesetzt. Das entspricht einem Plus von 6,3 Prozent. Am stärksten zulegen können die Umsätze mit Software (38,8 Milliarden Euro; +9,3 Prozent). Besonders deutlich wachsen dabei die Geschäfte mit Plattformen für Künstliche Intelligenz (+41,8 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro), mit Collaborative Applications (+15,6 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro), also Anwendungen zur Zusammenarbeit, sowie mit Sicherheits-Software (+11,4 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro). Das Hardware-Segment wächst um 5,3 Prozent auf 39,7 Milliarden Euro, getrieben unter anderem durch steigende Ausgaben für Wearables (+15,3 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro), Security Appliances wie zum Beispiel Firewalls (+5,2 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro) sowie Server (+5,0 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro). Rückläufig sind dagegen nach starken Zuwächsen mit Beginn der Corona-Pandemie erneut die Ausgaben für mobile PCs (-3,4 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro) sowie Desktop PCs (-1,3 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro). Die Umsätze mit IT-Services steigen um 4,7 Prozent auf 47,8 Milliarden Euro und erreichen damit in etwa die Wachstumsraten der Vorjahre. Das Projektgeschäft ist zumeist langfristig angelegt und weniger stark von Konjunkturschwankungen beeinflusst.
Telekommunikation mit geringem Wachstum
Der Markt für Telekommunikation wird 2023 nur noch leicht um 0,8 Prozent auf 69,5 Milliarden Euro wachsen. Am stärksten legen in diesem Segment die Investitionen in die Telekommunikations-Infrastruktur zu (+2,5 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro). Die Umsätze mit Endgeräten wie Smartphones wachsen dank steigender Nachfrage nach hochwertigen Geräten im Premium-Segment sowie Geräten mit 5G-Fähigkeiten um 2,3 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro. Dagegen stagniert das Geschäft mit Telekommunikationsdiensten, mit denen nach Bitkom-Berechnungen 49,7 Milliarden Euro umgesetzt werden – das entspricht einem minimalen Anstieg um 0,1 Prozent.
In der Unterhaltungselektronik droht nach einem kurzzeitigen Aufschwung mit Beginn der Corona-Pandemie das dritte Minus-Jahr in Folge. Ein erwarteter Umsatz von 7,6 Milliarden Euro für 2023 bedeutet ein Minus von 7,3 Prozent. Berg erklärt dies folgendermaßen: »Die hohe Inflation und wirtschaftliche Unsicherheit treffen das Geschäft mit Unterhaltungselektronik besonders stark. Viele Menschen halten ihr Geld zusammen und verzichten gerade hier auf größere Anschaffungen.«
Im weltweiten Digital-Vergleich zeigt sich Nachholbedarf
Weltweit werden die Umsätze mit IT und Telekommunikation 2023 voraussichtlich um 4,8 Prozent auf 4,33 Billionen Euro steigen. Den Weltmarkt dominieren weiterhin die USA, auf die 35,7 Prozent entfallen. Auf Rang zwei liegt China mit einem Weltmarktanteil von 11,7 Prozent, dahinter folgt Japan mit 5,7 Prozent. Deutschland liegt mit 4,2 Prozent Weltmarktanteil auf Rang 5, hinter Großbritannien (4,5 Prozent). Die EU-Staaten ohne Deutschland kommen auf einen Weltmarktanteil von 11,8 Prozent. »Wir müssen uns in Deutschland mehr anstrengen. Die Schere zwischen uns und den führenden Digital-Nationen sowie den schnell wachsenden Ländern öffnet sich jedes Jahr weiter«, sagt Berg. »Zu geringe Investitionen in IT und Telekommunikation machen es in allen Branchen schwerer, wettbewerbsfähig zu bleiben und im Innovationswettlauf eine führende Rolle einzunehmen.« Länder, die wie die USA im Digitalbereich vorne liegen, wachsen schneller und investieren weiter mehr, wodurch der Abstand immer größer wird.
Digitalpolitische Zeitenwende erforderlich
Für das kommende Jahr mahnt Berg eine »digitalpolitische Zeitenwende« an: »Statt ein bisschen Veränderung hier und ein bisschen Veränderung dort müssen wir uns von alten, analogen Prozessen trennen und so bald wie möglich auf digital only setzen.« Berg sieht vier wesentliche Ziele für die deutsche Digitalpolitik im Jahr 2023 und darüber hinaus: »Erstens muss der Staat handlungsfähig bleiben und digital funktionsfähig werden. Zweitens müssen wir Daten sehr gezielt nutzen. Drittens müssen wir uns digital souverän und sicher aufstellen, in den Infrastrukturen ebenso wie in den Unternehmen und in den Privathaushalten – dazu müssen wir auch einseitige Abhängigkeiten in den internationalen Handelsbeziehungen – insbesondere in China – beenden. Und viertens müssen wir unser strukturelles Fachkräfteproblem mit bereits heute 137.000 fehlenden IT-Expertinnen und -Experten lösen.« Keine Gefahr sieht Berg dabei, dass es aufgrund einiger prominenter Entlassungswellen bei großen IT-Konzernen in den USA wie Salesforce und Twitter auch hierzulande zu einer Umkehr bei der Beschäftigungsentwicklung kommen könnte. Hier sei gerade der Bedarf im Mittelstand für IT-Fachkräfte so hoch, dass auch etwaige Entlassungen bei größeren Firmen keine Rolle spielen.