RPA-Anbieter UiPath übernimmt NLP-Spezialisten Reinfer
UiPath übernimmt das britische Unternehmen Reinfer. Dessen Technologie für Natural Language Processing (NLP) erlaubt dem RPA-Anbieter sein Angebot um Communications Mining zu erweitern. Damit »können Software-Roboter von Uipath nun den Kontext und die Semantik von E-Mails, Online-Chats und Gesprächen verstehen und analysieren«, teilt das Unternehmen mit. Zu den finanziellen Details der Transaktion haben die Beteiligten keine Angaben gemacht. Reinfer wurde 2015 von Wissenschaftlern aus dem KI-Forschungslabor des University College London gegründet. Das Unternehmen nutzt Machine Learning, um Kontext aus Kommunikationsnachrichten zu ermitteln und sie in verwertbare Daten umzuwandeln.
Wofür Uipath NLP-Technologie von Reinfer braucht
»Automatisierung und KI sind eine leistungsstarke und logische Kombination«, sagt Ted Kummert, Executive Vice President, Products & Engineering bei Uipath. »Unsere Kunden sind mit einer Flut von Dokumenten, Mitteilungen und Daten konfrontiert, deren Bedeutung sie verstehen und effizient verarbeiten müssen. Die Kombination der NLP-Technologie von Reinfer mit unseren Document-Understanding- und KI-Produkten erweitert die Bandbreite unserer aktuellen KI-gestützten Automatisierung und erschließt unseren Kunden neue Möglichkeiten. «
»Die automatisierte Interpretation von Dokumenten und Kommunikationsdaten schließt die Lücke zwischen Mensch und Technologie sowie zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten. So kann die digitale Transformation im Unternehmen vorangetrieben werden«, bekräftigt Dr. Ed Challis, CEO und Mitgründer von Reinfer.
Mit Reinfer lassen sich benutzerdefinierte Machine-Learning-Modelle erstellen, um Dokumente und Kommunikationsdaten zu analysieren. Viele dieser Daten seien bislang aufgrund fehlender Kapazität zur Verarbeitung verloren gegangen oder ignoriert worden. Da Nutzer ihre eigenen KI-Modelle über eine No-Code-Oberfläche trainieren können, lasse sich mit der Reinfer-Lösung eine große Spezifität und Flexibilität erreichen. Zu den Kunden der Briten gehören derzeit unter anderem UBS, die Deutsche Bank und der Versicherer Hiscox. Letzterer setzt die Reinfer-Technologie bereits zusammen mit der Uipath-Pattform ein.
»Wir können zehntausende E-Mail-Anfragen pro Monat automatisiert katalogisieren, bewerten und beantworten«, erklärt Marco Rodriguez, Head of Automation bei Hiscox. Die Versicherungsmakler erhielten somit umgehend automatisierte Antworten auf E-Mail-Anfragen. »Unsere Service-Level-Vereinbarungen wurden von Tagen auf Stunden reduziert und wir haben einen umfassenden, organisatorischen Einblick in die per E-Mail abgewickelten Geschäfte«, berichtet Rodriguez.
Uipath-Kunden haben auf die Funktionen von Reinfer zunächst in einer privaten Vorschau Zugriff. Weitere Details will Uipath auf der Kundenkonferenz »FORWARD 5« bekannt gegeben, die vom 27. bis 29. September 2022 in Las Vegas stattfindet.
Was ist Communications Mining?
Den Begriff »Communications Mining« – das Uipath als die Stärke von Reiner sieht – hält der Hersteller noch für erklärungsbedürftig. Kummert geht daher in seinem Blog-Post zur Reinfer-Übernahme anhand von anonymisierten Kundenszenarien von Reinfer ausführlich darauf ein. Besonders eingängig ist dabei das Beispiel der heute nahezu allgegenwärtigen E-Mail-Kommunikation mit Kunden. Reinfer lese und verstehen die eingehenden Mails und könne darauf Aufgaben wie das Anlegen eines neuen Support-Falls übernehmen oder die Mail einem bestehenden Support-Fall zuordnen. Diese Aufgaben entlastete dann die Support-Mitarbeiter.
Aber auch bei Kommunikationswegen mit hohem Nachrichtenvolumen, etwa Mailboxen und Chat-Channels wie kundendienst@ oder info@ erlaube Reinfer eine angepasste Kategorisierung, Priorisierung, Datenextraktion und das Routing an die richtige Abteilung oder die zuständige Person. Auch hier erspare die Lösung den Mitarbeiter die mühsame Sichtung und Sortierung der eingehenden Nachrichten.
Auch die Wettbewerber sind schon aktiv
Zwar wird Uipath von Analysten grundsätzlich als gut positionierter und innovativer Anbieter gesehen, im Bereich NLP hat die Konkurrenz aber nicht geschlafen. Zum Beispiel nutzen Automation Anywhere und Blue Prism die NLP API von Google. Microsoft hat mit der Natural Language Processing Group eine eigene Forschungsabteilung in Redmond, die sich des Themas annimmt.
IBM kombiniert in seinen als »IBM Cloud Pak for Automation« und »IIBM Robotic Process Automation« vermarkteten Angeboten RPA-, NLP-, OCR-Technologien. Es baut dabei auf seinem vielbeachteten KI-Projekt Watson auf. Dementsprechend wird sein Angebot im Bereich Computerlinguistik auch als »Watson NLP« bezeichnet.